UK-Studie: Solarenergie ist im globalen Strommix auf der Überholspur
Deutschland hat einen sehr hohen Anteil erneuerbarer Energien, Photovoltaik trug aber 2022 nur zu etwas mehr als 10 Prozent bei. Weltweit wird Solarenergie laut einer britischen Studie bis Mitte des 21. Jahrhunderts bereits die Hälfte des Strommixes ausmachen.
Deutschland war sowohl bei der Gewinnung als auch bei der Nutzung von Solarstrom lange Zeit führend, ist aber lange nicht so sonnen- und rohstoffreich wie etwa China, von wo heute die meisten Photovolatik-Module kommen. Hier aber zunächst Zahlen aus Deutschland: 2022 stammten laut Umweltbundesamt 44 Prozent des erzeugten Stroms von insgesamt 571,3 Milliarden Kilowattstunden (kWh) aus erneuerbaren Energien; Photovoltaik, sprich die direkte Umwandlung der Sonnenstrahlen in elektrische Energie, hat aber nur 10,5 Prozent beigetragen, Windkraft hingegen 21,7 Prozent.
Das floss auch in die Ergebnisse einer jetzt vorgestellten Studie der englischen University of Exeter ein. Demnach ist Offshore-Windenergie in Deutschland immer noch die günstigste Form der Stromerzeugung so wie Onshore-Wind in Nordamerika, Brasilien und Argentinien, während in Südeuropa, in China und in den westlichen afrikanischen Ländern schon Solarstrom überwiegt. Saubere Lösungen wie diese sind auch nötig, den wachsenden Energiehunger der ITK-Branche zu stillen. Man denke allein an die benötigten Rechenzentren für die fast exponential steigenden Datenmengen.
Solarenergie schon bald die günstigste Stromquelle
Die Macher:innen der Studie gehen davon aus, dass Solarstrom bis 2027 als günstigste Energiequelle für Strom sogar im noch sehr nuklearabhängigen Russland ablösen wird und dann Wind nur noch in Skandinavien, Estland, den Niederlanden und in Großbritannien billiger sein wird. Nochmal drei Jahre später soll Wind dann nur noch Norwegen und Schweden günstiger als Solarstrom sein. Günstiger heißt aber nicht unbedingt, dass sich Solarstrom global so schnell durchsetzen wird. Dem stehen oft auch wirtschaftliche und politische Interessen entgegen.
Öl und Gas dienen auch der Herstellung von Kunststoffen, die bei sinkender oder ausbleibender Förderung wesentlich teurer würden. Eine völlige Abkehr von fossiler Energie wäre daher kaum denkbar, so wie für Atommächte auch die Abkehr von Kernkraftwerken. Denn die dienen auch der Gewinnung von waffenfähigem Plutonium.
Die Forschungsgruppe aus England rechnet aber auch wegen dem langsameren Ausbau der Windkraftwerke nicht mit einer völligen Abkehr von den fossilen Energieträgern, so dass diese zusammen mit Atomkraft 2060 noch fast 25 Prozent ausmachen werden.
Fossile Energieträger auf dem absteigenden Ast
Der jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature vorgestellten Studie zufolge wird der Kohle-, Öl- und Gasanteil an der Stromgewinnung zwischen 2020 und 2050 von 62 auf 21 Prozent stark zurückgehen und der Photovoltaik-Solaranteil von wenigen Prozent auf weit über die Hälfte zunehmen. Atomkraft, Wasser- und Onshore-Windenergie werden auch tendenziell zurückgehen.
Der Anteil erneuerbarer Energien soll, angeführt von Europa, bis 2060 global von etwa 27 auf 77 Prozent steigen. China, Indien und Afrika werden den Prognosen nach besonders stark aufholen. Im PV-Rennen sollen Indien und Afrika bis Mitte der 2040er Jahre schon mit rund 70 respektive 66 Prozent an die Weltspitze gehen, während die 27 EU-Staaten den Status 2020 längst verloren haben und 2060 so wie Russland nur einen PV-Anteil von etwa 50 Prozent haben werden.
Was Helmut Schmidt zu sagen hatte und Desertec brachte
Im besonders energiehungrigen Taiwan fand 1982 schon ein internationales Symposium zu regenerativen Energien statt, wo es hieß, dass Sonne und Wind für viele ärmere Länder eine Chance sein werden, global aufzuholen und wettbewerbsfähig zu werden. 10 Jahre später hat dort Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt, beileibe kein „Grüner“, als Gastredner ketterauchend und in fließendem Englisch die Industrienationen aufgefordert, umweltfreundliche Technologien zu entwickeln, die es auch Menschen in ärmeren Ländern ermöglicht, modern an Taiwan, Europa der Nordamerika aufzuschließen, ohne dass dabei das globale Ökosystem zugrunde geht.
Für die Länder der Ersten Welt, allen voran die USA, würde das aber auch mit einem starken Machtverlust einhergehen, wie er jetzt bereits im globalen Wettkampf mit China zu beobachten ist. Desertec, ein von der Münchener Rück alias Munich Re und Siemens 2008 und 2009 angeführtes deutsches Projekt, Solarstrom für Europa in der Sahara zu gewinnen, war als Idee kurz vor dem Arabischen Frühling entstanden. Die in dem Umfang geplante Verwirklichung scheiterte aber an der darauf folgenden unsicheren geopolitischen Lage in Nordafrika, obwohl es wie in Ägypten, Marokko, Tunesien, Algerien und auch in Spanien und den USA durch Vorzeigeprojekte gibt.
Um Desertec rankten und ranken sich viele Ideen, viele davon um die Wasserstoffgewinnung bis hin zu aus Wüstensand gewonnenem reinen Silizium als Trägermaterial für das flüchtige Gas. Ein anderer Ansatz, dem jenseits der Stromerzeugung unter 2010 anderem das Forschungszentrum Jülich folgte, war die von einem Luft-Sand-Wärmetauscher. Dabei sollten mehr als 2000 schwenkbare Spiegel in einem Kreis aufgestellt werden und das Sonnenlicht zu einem Solarturm lenken, um einen Teil des Sands auf 680 Grad zu erhitzen.
The momentum of the solar energy transition | Nature Communications