Quantentechnologien Titelbild MyBusinessFuture
21.06.2022

Weltweit steigende Investitionen in Quantentechnologien

Quantentechnologien wie Quantencomputing und Quantensensorik stecken zwar noch mehr oder weniger in den Kinderschuhen, dennoch melden Unternehmen rund um den Globus Interesse an und steigen die Investitionen, wie die Analysten von Capgemini feststellen.

In „Der Zorn des Oktopus“ von Drogeriegründer Dirk Rossmann fällt ein für die Klimaallianz aus China, Russland und den USA entwickelter Quantencomputer in die Hände eines skrupellosen indischen Gurus, der sich anschickt, damit Zukunft zu gestalten. Man kann nur hoffen, dass solche „Reverse Prophecy“-Szenarien nie Wirklichkeit werden. Woran Physiker aus Moskau, der Schweiz und den USA laut Phys.Org 2017 und 2018 schon gearbeitet haben, war der Versuch, mittels eines Quantencomputers die Zeit umzukehren beziehungsweise zurückzudrehen.

Silizium lässt auf stabilere Qubits hoffen

Fast hundert Jahre, nachdem Werner Heisenberg, Ernst Schrödinger (der mit der Katze), Max Born und Co. die Grundlagen der Quantenmechanik entwickelt haben, hat sich die Forschung in jüngster Zeit intensiviert, zumal sich besonders bei Quantencomputing einiges getan hat. Wie im Wissensmagazin scienexx unlängst berichtet, ist es drei Teams erstmals gelungen, Quanten-Schaltkreise auf Siliziumbasis mit 99 Prozent Zuverlässigkeit zu konstruieren. Quantencomputer werden zwar so wie der Rekordhalter „Eagle“ von IBM von 2019 mit 127 Quantenbits oder Qubits theoretisch immer leistungsfähiger, können die störanfälligen Qubits meist ab er nur etwa eine Mikrosekunden stabil halten. Der Umstieg von den bisher eingesetzten supraleitenden Quasiteilchen oder in Magnetfallen gefangenen Ionen auf Silizium-Quantencomputer könnte die nötige Stabilität bringen.

Quantenbits oder Qubits kennen so wie Bits (binary digits) nur ein und aus, 1 und 0, können aber durch Überlagerung mit jedem zusätzlichen Qubit sehr schnell eine schier unendlich große Zahl von Zuständen annehmen. Das macht die neuartigen Computer so leistungsstark, theoretisch zumindest. Dies als Erklärung hier nur vorab.

China und NL haben die höchste Adaptionsrate

Forschende des Capgemini Research Institute haben nun laut Industry of Things anhand von Umfragen eine Weltkarte der tatsächlichen oder geplanten Investitionen in die Quantentechnologie abgesteckt. China und die Niederlande sind demnach mit 43 und 42 Prozent die Länder mit den meisten Unternehmen, die aktuell an Quantentechnologien arbeiten oder dies zu tun beabsichtigen. Deutschland und Großbritannien sind mit jeweils 26 Prozent auch gut im Rennen, Frankreich ist mit 23 Prozent noch einen Prozentpunkt vor den USA und zwei vor Indien, in Japan liegt die Adaptionsrate bei 19 Prozent, Italien, Spanien und Südkorea kommen jeweils auf 14 bis 15 Prozent.

Insgesamt haben die Analysten von Capgemini dazu Ende 2021, teilweise mit Tiefeninterviews, 857 Unternehmen gefragt, ob sie wie gesagt an Quantentechnologien arbeiten oder planen, dies in nächster Zeit zu tun.

Im Schnitt haben 23 Prozent der Unternehmen die Frage bejaht. Und viele von ihnen rechnen mit mindestens einer größeren kommerziellen Anwendung innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre. 20 Prozent der Unternehmen haben geäußert, dass ihre Investitionen in die Technologien im nächsten Jahr erhöhen wollen.

Quantentechnologien werden beliebter
Quelle: Adobe Stock / Siarhei

Neue Ära für Computing, Sensorik und Cybersicherheit erwartet

„Die jüngsten Durchbrüche bei Quantentechnologien werden in den nächsten fünf Jahren eine neue Ära für Computing, Sensorik und Cybersicherheit einläuten“, sagt Iftikhar Ahmed, der deutsche Ansprechpartner für das auf Quantentechnologie spezialisierte internationale Entwicklungslabor Q-Lab von Capgemini. Und er fügt hinzu: „Es ist entscheidend, sich heute vorzubereiten, um von diesen neuartigen Technologien profitieren zu können, wenn kommerzielle Anwendungen zum Mainstream werden.“

Quantencomputing ist zwar noch am wenigsten ausgereift und wird noch mindestens fünf Jahre auf erste kommerzielle Anwendungen warten lassen, hat aber der Gemini-Studie zufolge das größte Potenzial. Quantenkommunikation erfülle dagegen heute schon die Anforderungen an die Informationssicherheit, heißt es in der bei Capgemini erhältlichen englischsprachigen Studie.

Quantenkryptik und Quantensensorik schon sehr weit

20 Prozent der befragten Unternehmen und Organisationen haben laut eigener Aussage schon das Implementierungsstadium erreicht, weitere 23 Prozent entsprechende Anwendungsfälle identifiziert und dabei, die Umsetzung vorzubereiten. Quantenkryptische Lösungen sind hier und da schon eingeführt, allerdings warten 58 Prozent der befragten Organisationen noch auf die Definition von Standards, bevor sie Quantensicherheit Priorität einräumen wollten. Quantensensorik steckt zwar noch in der Nische, ist dafür aber schon sehr viel ausgereifter.

Von den Unternehmen oder Organisationen, die bereits an Quantentechnologien arbeiten oder planen, dies in nächster zeit zu tun, ist der Telekommunikations- und Public-Sektor (inklusive Verteidigung) mit 41 Prozent am höchsten, an zweiter Stelle folgen die Luftfahrt und die Automobilindustrie mit 36 Prozent, an dritter Life Sciences mit 30 Prozent. Der Energie- und Chemiesektor ist mit 24 Prozent etwas weiter hinten, ebenso Banken und Versicherungen mit einer tatsächlichen oder geplanten Adaptionsrate von 22 Prozent.

Erwartete neue Chancen für die globale Klimarettung

Interessant ist auch, wo die Unternehmen die Chance sehen, mit Quantentechnologien den CO2-Ausstoß zu verringern: 25 Prozent nannten sauberen Strom, mit effizienteren Solarpanels und energieeffizienten Netzen etwa, 24 Prozent sehen Potenziale in einer grüneren Landwirtschaft, 21 Prozent im Bereich Clean Manufacturing, durch den (in Deutschland schon geplanten) Umstieg auf grünen Wasserstoff etwa. Grüne Mobilität geben laut der Gemini-Umfrage und Daten des US-Umweltministeriums EPA 14 Prozent der Befragten eine Chance, mit Quantentechnologien den CO2-Ausstoß  zu verringern.

In der Capgemini-Studie ist auch das Ergebnis einer anderen Studie der Harvard Kennedy School zu sehen. Demnach kamen die meisten Publikationen zu Quantentechnologien zwischen 2010 und 2020 aus den USA (26 Prozent), gefolgt von China (23 Prozent). Großbritannien und Deutschland kamen in dem Zeitraum jeweils auf 9 Prozent aller Publikationen, Japan auf 7 Prozent.

Tatsächlich sind 63 Prozent der von Bitkom Befragten der Meinung, dass Einzelhändler den Einkauf vor Ort durch digitale Technologien spannender und komfortabler gestalten könnten.

Quelle Titelbild: Adobe Stock / Nadya_C