Microsoft und Co. arbeiten an Quarzglas als Speicher
Unabhängig voneinander haben Forschende in Großbritannien und bei Microsoft Durchbrüche und neue Superlative bei Quarzglas als Speichermedium verkündet. Microsoft Research spricht von bis zu 1,75 Millionen Songs oder 3.500 Filmen auf einer Platte, die ohne Strom auskommt.
Speicher in Rechenzentren oder auch daheim sind unglaublich energiehungrig und belasten somit immer mehr die Umwelt. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, müssen wir den ganzen Planeten zubetonieren, nur um die Daten zu speichern, die wir erzeugen“, hat ein stellvertretender Laborleiter bei Microsoft Research Cambridge in einem neuen Video erklärt. Mehr zu Microsofts Ansatz später.
Aus der britischen University of Southhampton kam etwa zeitgleich die Nachricht, dass es zwei Wissenschaftlern gelungen ist, eine Highspeed-Lasertechnik zu entwickeln, mit der sich feinste Strukturen in verschiedene Glasschichten brennen lassen. Die sollen dann der optischen Datenspeicherung dienen – und das mit einer mehr als 10.000 Mal höheren Speicherdichte als mit der Blu-Ray-Technik für Videos.
„Einzelpersonen und Organisationen generieren immer größere Datensätze und hoffen auf neue Speicher mit hoher Kapazität, niedrigem Energieverbrauch und langer Lebensdauer. Während Cloud-basierte Systeme eher für temporäre Daten konzipiert sind, glauben wir, dass die dauerhafte Datenspeicherung in Glas für nationale Archive, Museen, Bibliotheken oder private Organisationen nützlich sein könnte“, zitiert die Schweizer Computerworld den Doktoranden Lei Yuhao. Pro Sekunde ließen sich etwa 230 Kilobyte Daten in Glas im wahrsten Wortsinn verewigen.
Er und Peter G. Kazansky haben einen getakteten Femtosekunden-Laser eingesetzt, bei dem „Lichtblitz“ nur ein paar Billiardstel Sekunden dauert. Und damit können sie im Quarzglas nur etwa 500 mal 50 Nanometer kleine Krater erzeugen, die aufgrund ihrer anisotropen Strukturen wiederum eine Doppelbrechung erzeugen, um Daten nicht nur mechanisch , sondern auch zweifach optisch zu speichern.
Anisotropie ist das Gegenteil von Isotropie und bezeichnet die Richtungsabhängigkeit einer Eigenschaft von Stoffen. In der Optik kommt es dadurch zum Phänomen der Doppelbrechung, die man sich auch zunutze machen kann. Denn so wird die Speicherung fünfdimensional, zwei Dimensionen für die Optik, drei für die Mechanik. Damit haben die beiden Forscher auch schon 5 GB Textdaten auf eine Glasscheibe von der Größe einer CD geschrieben. Möglich ist aber das Hundertfache.
Haltbar für die Ewigkeit und ganz ohne Rechenzentren
Microsoft Research lässt laut Golem offen, wie viele Terabyte wirklich auf eine dort entwickelte Glasscheibe passen. Es heißt wie gesagt nur, dass es um die 1,75 Millionen Songs oder der Wert von 13 Jahren Musik sei. In einem älteren Beitrag war noch von 7 Terabyte die Rede. Die Daten werden dabei in Voxel genannte dreidimensionalen Pixeln gespeichert, was besonders platzsparend sein soll.
Die weit verbreitete magnetische Speicherung ist auch schon wegen ihrer begrenzten Lebensdauer problematisch. Und durch die Notwendigkeit, die Daten immer wieder neu zu überspielen, wachsen auch der Energieverbrauch und die Betriebskosten, heißt es von Microsoft.
Das Silicia genannte Projekt soll diesen Kreislauf durchbrechen und ermöglichen, riesige Datenmengen auf der Größe eines Getränkeuntersetzers zu speichern, die sich Tausende von Jahren aufbewahren lassen. Um die einmal eingebrannten Daten zu entschlüsseln zu können, soll die KI von Microsoft Azure zum Einsatz kommen, womit das Lesen und Schreiben sehr viel schneller werden soll als bisher. Microsoft Research rechnet damit, dass eben die genannte Datenmenge von etwa 1,75 Millionen Songs oder 3.500 Videos bis zu 100.000 überdauern könnte. Viele große Rechenzentren wären somit obsolet.