23.05.2025

Kugelspeicher im Meer könnten überschüssige erneuerbare Energie auffangen

Viel Energie aus Wind und Sonne versickert ungenutzt, weil es an ausreichenden Speichermöglichkeiten fehlt. Pumpspeicherwerke stoßen als Lösungen oft auf lokalen Widerstand. Das Fraunhofer IEE hat jetzt einen neuen Ansatz entwickelt: Kugelspeicher am Meeresgrund.

 

Zunächst die gute Nachricht: Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Deutschland hat 2024 laut Umweltbundesamt mit 62,7 Prozent einen neuen Rekordstand erreicht. An manchen Tagen weht sogar so viel Wind und scheint so viel Sonne, dass deren Energie ungenutzt im Boden versickert, da sonst eine Überlastung der Netze droht.

 

Energieversorger in Deutschland sind an solchen Spitzentagen teilweise gezwungen, Strom teuer nach Österreich zu exportieren, weil dort ausreichend Pump- und andere Speicherkraftwerke zur Verfügung stehen. Heimische Batteriespeicher und Wasserstoff als möglicher Energieträger im großen Stil sind hingegen noch nicht so weit.

 

Pumpspeicher nicht unumstritten

Pumpspeicher stellen laut Speicherbranche.de derzeit mit 30 Kraftwerken und einer Netto-Gesamtleistung von knapp 6.500 Megawatt den Großteil der Speicherkapazitäten in Deutschland. Die größten davon mit einer Netto-Leistung jenseits der 900 Megawatt befinden sich in Thüringen, Sachsen und Baden-Württemberg.

 

In Happurg nördlich von Nürnberg steht seit 1958 Bayern größtes Pumpspeicherkraftwerk. Die wegen eines Lecks jahrelang stillgelegte Anlage will der Energiekonzern Uniper mit Baukosten von rund 250 Millionen Euro jetzt wieder in Betrieb nehmen. Anwohner und Umweltschützer warnen allerdings bereits vor zu großen Eingriffen in die Natur und laufen dagegen Sturm.

 

Insofern ist der neue Ansatz, welchen das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE gemeinsam mit Partnern entwickelt hat und gerade an der kalifornischen Küste testet, vielleicht die elegantere Lösung für das Problem, regenerative Energien in ausreichendem Maße zu speichern.

 

Kugelspeicher könnten Widerstände brechen

Bei dem „StEnSea“ genannten Projekt handelt es sich um additiv (per 3D-Druck) gefertigte Kugelspeicher aus Beton. Diese füllen sich durch den Umgebungsdruck am Meeresboden mit Wasser, welches mit überschüssiger Energie wieder aus den Kugeln herausgepumpt wird. Wird der Strom wieder benötigt, lässt man erneut Meerwasser in die Kugeln fließen, welches dann über Turbinen Energie produziert.

In einem Feldversuch im Bodensee haben die Forschenden des Fraunhofer IEE mit Partnern die von Prof. Dr. Horst Schmidt-Böcking und Dr. Gerhard Luther 2011 entwickelte Technik bereits erfolgreich getestet. Dabei kamen Kugeln mit einem Durchmesser von drei Metern zum Einsatz. Die vor der US-Küste in 500 bis 600 Metern versenkten und auf dem Meeresgrund verankerten Betonkugeln haben einen Durchmesser von neun Metern und sind laut Fraunhofer IEE jeweils 400 Tonnen schwer. Der Meeresboden vor Kalifornien hat dabei den Vorteil, dass er relativ steil abfällt.

Am Meeresgrund sollen Kugelspeicher überschüssige Wind- und Solarenergie effizient und umweltfreundlich speichern. (Bildquelle: Pexels / Jeremy Bishop)

Deutschlands Küsten zu flach

Die deutsche Nordseeküste mit Tiefen von 15 bis 30 Metern hingegen ungeeignet. Ideal sind laut Fraunhofer IEE Wassertiefen von 600 bis 800 Metern. Als mögliche Standorte nennt das Institut die Küsten vor Norwegen, Portugal, westlich und östlich der USA, Brasilien und Japan.

 

An dem StEnSEA genannten Projekt vor dem berühmten Long Beach bei Los Angeles beteiligt sind das Startup Sperra, das den 3D-Betondruck liefert, und Pfleuger Industries, ein deutschstämmiges Unternehmen mit Hauptsitz in Miami, das zu den führenden Herstellern von Unterwasser-Pumpen gehört.

 

Die Forschenden des Fraunhofer-Instituts rechnen für ihre Technologie mit einem weltweiten Potenzial von 817.000 Gigawattstunden. An den zehn besten europäischen Standorten sollen es allein 166.000 Gigawattstunden sein, was ein Vielfaches der deutschen Speicherkraftwerke an Land bedeutet.

 

Quelle Titelbild: Unsplash / American Jael