Tech-Branche fordert mehr Digitale Souveränität in der EU
20.01.2025

Stark wachsender Drang nach digitaler Souveränität in Deutschland

Deutsche Unternehmen sind zunehmend vom Import digitaler Technologien und Services aus Fernost und Amerika abhängig, treten aber jetzt für mehr digitale Souveränität ein. Denn Sorgen bereiten ihnen vor allem die möglichen Entwicklungen in den USA unter Donald Trump.

Die deutsche Wirtschaft blickt mit Sorge auf die zweite Präsidentschaft von Donald Trump in den USA. Nicht nur die angekündigten Importzölle könnten sich hierzulande negativ auf Unternehmen und ihr Geschäft auswirken. Auch im digitalen Bereich droht Ungemach. Denn laut Bitkom ist die deutsche Wirtschaft zu 81 Prozent vom Import digitaler Technologien und Dienstleistungen aus den USA abhängig ist.

 

Es gibt zwar schon erste Initiativen und Gegenmaßnahmen, um sich von dieser Abhängigkeit zu lösen. Neun von zehn deutschen Unternehmen fordern zusätzlich laut Bitkom eine Steigerung der digitalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und der deutschen Wirtschaft. Die Frage ist aber, wie schnell die Maßnahmen im Ernstfall greifen und ob es überhaupt möglich wäre, führende US-Anbieter durch deutsche oder europäische zu ersetzen.

 

US-Importe immer noch unverzichtbar

41 Prozent der im Auftrag von Bitkom befragten deutschen Unternehmen sehen sich stark von US-Importen abhängig. 87 Prozent importieren digitale Geräte und Dienstleistungen aus den Vereinigten Staaten, 60 Prozent exportieren aber auch digitale Güter und Services über den großen Teich. Jeweils etwa die Hälfte der Unternehmen sehen sich durch den Wahlsieg Trumps gezwungen, ihre Geschäftsstrategien anzupassen oder ihre Lieferketten zu ändern.

 

95 Prozent der branchenübergreifend über 600 Befragten von Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten fordern, Deutschland müsse sich unabhängiger von den USA machen. Ähnlich kritisch wie auf die USA unter Trump blicken die deutschen Unternehmen auch auf China: 79 Prozent sehen sich abhängig von digitalen Importen aus dem Reich der Mitte.

 

Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst sieht die Rückkehr Trumps im Weißen Haus als „Herausforderung für Deutschland und Europa“ und sagt: „Zwar werden die USA einer unserer wichtigsten Partner bleiben, dennoch müssen wir uns ab sofort stärker, resilienter und chancenorientierter aufstellen und technologisch wie wirtschaftlich unabhängiger werden. Die neue Bundesregierung muss die Wirtschaft wieder in den Mittelpunkt der Politik stellen und digitale Souveränität zum Top-Thema machen.“

 

Digitalimporte sind überlebenswichtig

Weiter betont er: „Digital souverän ist ein Land, das eigene substanzielle Fähigkeiten in digitalen Schlüsseltechnologien besitzt und selbstbestimmt darüber entscheiden kann, aus welchen Ländern es digitale Technologien bezieht. Die deutsche Wirtschaft braucht starke, vertrauenswürdige Partner für die digitale Transformation. Gleichzeitig müssen wir digital unabhängiger werden, um nicht erpressbar zu sein.“

 

Wie sein Branchenverband schreibt, würde ohne Digitalimporte jedes zweite Unternehmen kein Jahr überleben können. 17 Prozent wären nach eigener Einschätzung nur ein halbes Jahr überlebensfähig, 36 Prozent für gerade mal sieben bis 12 Monate, 39 Prozent für 13 bis 24 Monate. Nur 3 Prozent der befragten Unternehmen könnten ohne Digitalimporte auch länger durchhalten.

 

96 Prozent der Betriebe hängen davon ab. Ganz oben auf der Liste der Importe stehen Endgeräte wie Smartphones und Notebooks, zu 90 Prozent importiert. An zweiter Stelle folgen mit 75 Prozent Software-Anwendungen, an dritter dicht dahinter mit 72 Prozent Produkte im Bereich Cybersicherheit. Digitale Bauteile wie Hardware-Komponenten, Chips und andere Halbleiterprodukte kommen zu 69 Prozent aus dem Ausland, digitale Geräte und Maschinen für Produktion, Analyse und Dienstleistungen zu zwei Dritteln (66 Prozent), digitale Dienstleistungen inklusive Programmieren von Apps und IT-Beratung zu 50 Prozent.

 

Vertrauen in andere EU-Länder am größten

Die meisten Importe kommen mit jeweils über 40 Prozent „starker Abhängigkeit“ aus den USA und China. Aus den USA und anderen Teilen der EU kommen zusammen 87 Prozent der Importe digitaler Technologien und Services, China ist mit 78 Prozent auf Platz 3, Taiwan mit 41 Prozent weit dahinter, obwohl ein Großteil der taiwanesischen Fabriken in China sind. Japan ist mit 36 Prozent im Rennen, Großbritannien (UK) mit 34 Prozent, Indien mittlerweile schon zu 20 Prozent.

 

Problematisch sind unter anderem Importe aus Krisen- und Kriegsgebieten wie der Ukraine oder aus Israel, die in Einzelfällen 12 oder 9 Prozent in den deutschen Unternehmen ausmachen.

 

Die digitalen Exporte der deutschen Wirtschaft gehen zu 92 Prozent in andere EU-Staaten, immerhin zu 60 Prozent in die USA, zu 55 Prozent nach Japan und jeweils zu 48 Prozent nach Indien und UK, zu 42 Prozent nach Taiwan.

 

Das höchste Vertrauen in Deutschland genießen als Importeure andere EU-Länder mit 97 Prozent, gefolgt von Japan mit 73 Prozent. Den USA vertrauen hingegen nur noch knapp die Hälfte der Befragten, das Vertrauen zu China ist mit 44 Prozent noch einmal deutlich geringer.