Quantencomputer „Made in Germany“ soll Weg für praktische Anwendungen ebnen
Das bayerische Quanten-Startup Planqc hat gerade einen neuen 20-Millionen-Auftrag an Land gezogen und baut an einem Super-Quantencomputer mit überragenden 1.000 Qubits. Dieser könnte erstmals echte Anwendungen ermöglichen.
Der Clou bei Quantenprozessoren und -computern sind die kurz auch Qubits genannten Quantenbits. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um eine bestimmte Art von Bits (binary digits). Anders als diese können Qubits nicht nur die Zustände 1 und 0, ein und aus, sondern durch Verschränkung mehrerer Qubits eine Vielzahl verschiedener Zustände annehmen.
Ein aus acht verschränkten Qubits bestehendes Quantenbyte, kann demnach theoretisch alle Zahlen von 0 bis 255 gleichzeitig annehmen. Je mehr Qubits, desto mehr mögliche Zustände, desto höher die theoretische Rechenleistung.
Die Qubits stabil zu halten, ist aber die große Herausforderung. Ein Startup aus Bayern mit dem Namen Planqc sieht sich mit einem neuen Auftrag des Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) auf einem guten Weg dahin. Mehr dazu später.
Deutschland ist im Bereich Quantencomputing führend
Der Erste, dem es gelang, acht Qubits zu verschränken, war 2005 der deutsch-österreichische Experimentalphysiker Rainer Blatt an der Universität Innsbruck. So wie die Entwicklung der wegbereitenden Quantenphysik auf den deutschen Physiker Max Planck zurückgeht, ist Deutschland auch auf dem Gebiet des Quantencomputing führend. Im Januar 2022 ist in Jülich (NRW) Europas erster Quantencomputer mit mehr als 5.000 Qubits in Betrieb gegangen.
Die meisten verkündeten Rekorde bewegen sich immer noch im Bereich von 1.000 Qubits. Die Schwierigkeit besteht wie gesagt darin, die Qubits stabil zu halten. Um das zu erreichen, muss man sie wie in Jülich auf Temperaturen nahe des Nullpunktes von 273,15 Grad Celsius abkühlen, damit die empfindlichen Quanteneigenschaften nicht verlorengehen, wie der Wissenschaftsinformationsdienst iwd es beschreibt.

Das nicht von ungefähr Planqc genannte bayerische Quantencomputing-Startup geht einen etwas anderen Weg und hat vom ebenfalls in Garching bei München ansässigen Leibniz-Rechenzentrum gerade einen Auftrag über 20 Millionen Euro erhalten. Eine Zusage über 29 Millionen gab es zusätzlich unter anderem auch vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Planqc entwickelt Qubits mit hoher Qualität
Ziel des vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching unterstützten und MAQCS getauften Projektes ist es, bis 2027 ein speziell an die Anforderungen von High-Performance Computing (HPC) angepasstes System zu entwickeln, das die Latenzzeiten des Quantencomputers minimiert.
„Um Letzteres zu erreichen, braucht es eine hohe Anzahl von Qubits“, wie Business Insider Gründerszene den Planqc-Mitgründer und -CTO Sebastian Blatt zitiert. Die Namensähnlichkeit ist vielleicht Zufall, aber der Pionier Rainer Blatt war anfangs wissenschaftlicher Direktor des am MPQ in Garching ansässigen Munich Quantum Valley.
Bei den Qubits geht es nicht nur um Quantität, sondern mehr um Qualität, die Latenz, Fehlerkorrekturrate, Betriebstemperatur und die Effizienz der Algorithmen. Spannend ist für Sebastian Blatt die Integration in das bestehende HPC-System des LRZ.
Denn dadurch ließen sich hochkomplexe Berechnungen, die oft Monate an klassischer Rechenleistung benötigen, in einen klassischen Part und einen Quantenteil aufteilen. „Jede Verbesserung oder Beschleunigung des Ergebnisses durch die Verwendung eines oder mehrerer Quanten-Co-Prozessoren kann hier einen direkten Vorteil bringen“, so der Planqc-CTO Blatt.
„Echte“ Qubits benötigen keine Kühlung
Was die von seinem Unternehmen entwickelten Quantencomputer von anderen unterscheidet, sind Qubits aus Neutralatomen, die als „echte“ Qubits bei normalen Temperaturen zum Einsatz kommen können und nicht bis fast auf den Nullpunkt abgekühlt werden müssen. „Echt“ heißt für Planqc, dass die Qubits aus Atomen bestehen und nicht wie sonst oft üblich auf supraleitender Halbleitertechnologie beruhen.
Es gibt auch schon Ansätze, Quantencomputer auf Basis von Spin-Photonen und Diamanten zu bauen, die wesentlich weniger Kühlbedarf, längere stabile Betriebszeiten und geringere Fehlerraten versprechen. So ist es dem Fraunhofer IAF laut pro-physik im Rahmen eines vom BMBF koordinierten Konsortiums namens „Spinning“ gelungen, die Entwicklung mit einem Spin-Photon-basierten Quantencomputer voranzutreiben.
Das ist aber noch Zukunftsmusik, so wie viele konkret angedachte Anwendungen etwa in den Bereichen Pharmazie, Logistik und Materialforschung. Planqc und das LRZ wollen diese aber greifbarer machen und scheinen mit ihrer Technologie auf einem guten Weg dahin zu sein.
Quelle Titelbild: Pixabay / Geralt