Hannover Messe – was der Treffpunkt der Industrie dieses Jahr zu bieten hat
Vom 30. Mai bis zum 2. Juni 2022 soll sie seit 2019 als Hybrid-Show erstmals wieder mit Publikum stattfinden: die Hannover Messe. Das Leitthema diesmal ist die „Industrial Transformation“. Unter diesem Motto treffen sich Branchenentscheider:innen, um sich über aktuelle Trends und Tendenzen bei Industrie 4.0, IT-Sicherheit, Robotik, Künstliche Intelligenz und Machine Learning auszutauschen.
Das Leitthema „Industrial Transformation“ klingt etwas wie das aus der Hannover Messe in früheren Jahren, wo es auch irgendwie um Industrie 4.0 oder wie 2017 um „Integrated Industry“ ging und ganz klein auch schon das hiesige Leitthema darüber stand. Tatsächlich ist die industrielle Transformation aber weiter gefasst, da geht es nicht nur um Robotik, das Industrial Internet of Things (IIoT) mit Vorverarbeitung der Daten in der Edge oder Peripherie und Auswertung in der Cloud. Nein, da geht es auch um die ökologische Transformation der Fertigungsindustrie selbst, wobei die vorher schon thematisierte Umrüstung von fossilen Brennstoffen auf grünen Wasserstoff vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine und des drohenden Embargos durch die EU oder Russland noch mehr in den Fokus rücken wird.
Allein 200 der 2.500 für die als Hybridveranstaltung geplante 75. Hannover Messe 2022 (30.05.-02.06.22) werden Innovationen zum Thema aus erneuerbaren Energien gewonnenen grünen Wasserstoff präsentieren, berichtet Bigdata Insider. „Angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage sind die Themen der Hannover Messe relevant wie nie zuvor“, zitiert das Online-Magazin Jochen Köckler, den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Messe AG, der damit sozusagen oberster Veranstaltungsleiter ist.
Kleiner Rückblick, auch auf Glanzzeiten der CeBIT
Aber zunächst ein kleiner Rückblick. Die Hannover Messe, so wie bis 1961 lange noch Industrie-Messe genannt, hatte, wie das regionale Wirtschaftsmagazin der IHK Hannover erinnert, ihren Ursprung 1947 als Exportmesse für die deutschen Unternehmen in der britischen und amerikanische Zone als wichtiger Schritt, nach dem Krieg erstmals wieder Zukunft zu gewinnen. Gedacht war sie abseits der großen Messestätte wie die in Frankfurt und Köln, die sich auch erst langsam von den Kriegsschäden erholten, vor allem auch als Gegenpol zur Leipziger Messe, die unter sowjetischen Einfluss stand.
Düsseldorf war noch im Rennen, aber dann entschied man sich für das beschauliche Laatzen, einen Vorort von Hannover. Dort tobte, zunächst mit Einweihung von Halle 1 „Centrum der Büro- und Informationstechnik“ (CeBIT) 1970 und ab 1986 als eigenständige Messe die bald weltgrößte ITK-Ausstellung CeBIT. Und dort jagte sie bis 2008 von einem Aussteller- und Besucherrekord nach dem anderen, bis sie danieder ging und 2019 zu Teilen wieder in die Hannover Messe aufging.
Software und X-as-a-Service werden immer bestimmender
Der Niedergang der CeBIT hat freilich nicht nur den Grund, dass die Deutsche Messe AG ihr angelastete Fehler gemacht hat. Ein anderer, möglicherweise viel gewichtigerer Grund ist der, dass Hardware, der die IT-Messe so groß gemacht hat, immer mehr an Bedeutung verliert und die Spezialisten Hersteller von Software, die immer mehr den Ton angab, andere Plattformen suchten.
Apropos Plattformen, heute geht in der IT wie in der Fertigungsindustrie, angefangen von Platform-, Infrastructure- und Software-as-a-Service alles immer mehr in Richtung X-as-a-Service. Anfang 2019 viel beachtet hat Kaeser Kompressoren sogar „Druckluft as a Service“ ins Gespräch gebracht. Solche Ideen oder Best Practices beflügeln natürlich die Fantasie, eigene Service- oder Geschäftsmodelle zu entwickeln beziehungsweise für Kunden zu realisieren.
4.0 zieht immer größere Kreise
Die Landwirtschaft, von wegen alles nur olle Trecker und der Duft von Odel, ist da übrigens schon viel weiter, als viele denken. Der Landmaschinenhersteller Claas, der sich dieses Jahr wieder die Ehre geben wird, zeigt in Hannover schon seit vielen Jahren, wieviel Sensorik und gewissermaßen IoT in einem modernen Mähdrescher steckt und wie viele Möglichkeiten. Und er hat auch eine eigene Plattform für Farming 4.0 entwickelt.
Dabei wie auch in anderen Branchen wird Umwelttechnik immer mehr großgeschrieben. „Im Kern geht es darum, wie wir in einer sich dynamisch verändernden Welt – politisch, ökologisch und wirtschaftlich – für Versorgungssicherheit und Wachstum sorgen können und dabei gleichzeitig dem Klimawandel entgegenwirken. Innovative Technologien werden hierbei eine Schlüsselrolle spielen“, zitiert BigData Insider den Vorstandsvorsitzenden Köckler von der Messe AG weiter.
Robotik, IT, autonomes Fahren und Co.
Zu den prominenten Ausstellern, die das Online-Magazin nennt, gehören Siemens, Bosch, Schneider Electric, Schaeffler, Microsoft, SAP und Service Now. Ferner werden auch Fraunhofer- und andere Forschungsinstitute sowie rund 100 Startups auf der Hannover Messe zugegen sein sowie 120 Unternehmen aus dem diesjährigen Co-Gastgeberland Portugal. So wie seine Vorgängerin Angela Merkel wird Bundeskanzler Olaf Scholz die Messe eröffnen.
Zentrale Themen , über die die Fachwelt und Industrie im Vorfeld der Messe spricht, sind laut Messe-Guide Dekarbonisierung, etwa auch über besagten grünen Wasserstoff und Brennstoffzellen, passend dazu eine bessere Kreislaufwirtschaft, dann das Dauerthema Industrie 4.0, das 2021 Zehnjähriges feierte, IT-Sicherheit, Robotik, Künstliche Intelligenz und Machine Learning (KI und ML) sowie Logistik 4.0 analog zu Industrie und Farming 4.0. Was auf der Hannover Messe wie jedes Jahr auch immer wichtiger wird, sind Fortschritte im Bereich autonomes Fahren, das nicht nur ein Thema für den Individualverkehr ist, sondern eben mit Blick auf Logistik 4.0 auch die Logistik und andere Branchen immer mehr bewegt.
Dass die Messe, wenn auch hybrid, voraussichtlich erstmals wieder mit Fachpublikum stattfinden wird, halten viele IT- und Industrie-Branchenvertreter für begrüßenswert, so auch Alexander Roth. Die von ihm mitgegründete und geleitete Fullservice-Kommunikationsagentur Evernine Group begleitet viele namhafte Dienstleister und ihre Kunden auf dem Weg in und durch die digitale, industrielle und strukturelle Transformation.
Roth sagt: „Die Coronakrise hat uns alle gehemmt und doch irgendwie auch beflügelt, die längst überfällige Transformation in den verschiedenen Branchen voranzutreiben. Gefühlt zwei Jahre Lockdown und Homeoffice haben aber auch Spuren hinterlassen und gezeigt, dass die Verlagerung in den virtuellen Raum persönliche Begegnungen und reale Events nicht wirklich ersetzen können.“
Weiter sagt der Evernine CEO: „Gerade für den Mittelstand, das Herz der deutschen Wirtschaft, ist es so wichtig, Dinge zum Anfassen zu haben. So können sie auch erleben, wie sie durch Kombinieren verschiedener Themenwelten wie IIoT, KI und Analytics neue Geschäftsfelder erschließen und selbst ein Stück Zukunft schreiben können.
Wir sind als One-Voice-Kommunikations- und Serviceagentur stolz, sie und ihre Dienstleistungspartner auf diesem Weg begleiten zu dürfen. Der Manufacturing-Bereich hat dabei übrigens einen immer größeren Stellenwert.“
Quelle Titelbild: Adobe Stock / Nadya_C