RWE plant Offshore-Windparks mit fast 1,6 GW Leistung vor Juist
Genug Strom für rein rechnerisch bis zu 1,6 Millionen Haushalte könnten die von RWE geplanten neuen Offshore-Windpark vor der ostfriesischen Insel Juist bringen. Der Bau der über 100 Windkraftanlagen soll aber vor allem der Dekarbonisierung der Industrie dienen.
Der Energieriese RWE hat laut Pressemitteilung von Ende Mai 2024 die Investitionsentscheidung für das Projekt „Nordseecluster“ getroffen, um in zwei Phasen bis Anfang 2029 vor der Nordseeinsel Juist vom Festland entfernt Windparks mit 104 Anlagen und einer Gesamtleistung von nahezu 1,6 Gigawatt in Betrieb zu nehmen. Zum Vergleich: Bis Mitte 2023 hat die Stiftung Offshore-Windenergie vor Deutschlands Küsten 1.563 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 8,4 Gigawatt gezählt. Die von RWE geplanten Windparks 50 km nördlich von Juist kämen fast um ein Fünftel steigern.
Genauer soll Nordseecluster A mit Baustart 2025 und Inbetriebnahme Anfang 2027 Kapazitäten von 660 Megawatt liefern, Nordseecluster B mit Bau und Inbetriebnahme zwei Jahre später 900 Megawatt. Beide Windparks zusammen sollen den Plänen nach rund 6,5 Terawattstunden Strom pro Jahr erzeugen und vor allem zur Dekarbonisierung der Industrieproduktion beitragen.
Sven Utermöhlen, CEO von RWE Offshore Wind, zufolge hat das Unternehmen schon sechs Offshore-Windparks im Portfolio. Wie RWE mitteilte, ist die Fertigung einiger der für Nordseecluster benötigten Komponenten bereits angelaufen. In Phase A bis Anfang 2027 sollen 44 Windkraftanlagen beziehungsweise Turbinen in Betrieb gehen, bis Anfang 2029 sollen weitere 60 hinzukommen.
Der Vorteil der Offshore-Windanlagen für RWE ist der, dass das Unternehmen dafür keine Pacht an die Bundesnetzagentur bezahlen muss. Weltweit ist RWE im Bereich Offshore-Wind nach eigener Aussage einer der führenden Akteure und habe man in den vergangenen 20 Jahren 19 Offshore-Windparks in Betrieb genommen, sechs davon vor Deutschlands Küsten. Erklärtes Ziel ist es, die globale Offshore-Windkapazität von heute 3,3 GW auf 10 GW bis 2030 zu verdreifachen.
Vor- und Nachteile von Offshore-Windparks
Deutschland ist heute bei den Offshore-Windkraftanlagen auf Platz zwei in Europa. Onshore- und Offshore zusammen kam die Bundesrepublik laut Bundesverband WindEnergie (BWE), Energy Charts und Fraunhofer ISE bis Ende 2023 auf eine Gesamtleistung von 139,8 Terawattstunden. Dazu beigetragen haben nach Zahlen der WindGuard GmbH im Wesentlichen die 28.667 Onshore-Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von 61.010 MW oder rund 61 GW.
Die Nutzung der Windkraft auf hoher See zur Stromerzeugung ist im Vergleich zu der an Land noch sehr jung, wie Renolit (Rely on it) feststellt. Die Kosten für Service und Wartung der Offshore-Windanlagen sollen etwa ein Viertel der Gesamtkosten ausmachen, während sie an Land nur im einstelligen Prozentbereich liegen. Hinzu kommt die Gefahr eines massiven Stromausfalls, wenn sich Städte und Kommunen einseitig auf Offshore-Windenergie verlassen. Bei sehr schlechtem Wetter und rauer See lassen sich kurzfristig auch keine Helikopter einsetzen, um die Schäden der empfindlichen und wartungsintensiven Windkraftanlagen auf hoher See zu beheben. Daher setzen die Betreiber verstärkt auf die automatisierte Wartung und elektronische Condition Monitoring Systems (CSMs) zur Echtzeitüberwachung.
Die von RWE und anderen Betreibern gelieferten Strommengen durch Offshore-Windkraft sind aber so groß, dass sie einen wesentlichen Beitrag leisten könnten, Wasserstoff per Elektrolyse zu gewinnen und für die Industrie als Energieträger verfügbar zu machen, um von schmutziger Kohle und Gas wegzukommen und die Umwelt deutlich zu entlasten.
Quelle Titelbild: Pixabay / ELG21