18.09.2023

Smart Farming: Operationelles IIoT ist der Schlüssel zur Ernährungssicherheit

Das industrielle Internet of Things (IIoT) hat längst auch im Agrarsektor Fuß gefasst. Europa ist da laut McKinsey führend, hat aber vom Arbeitskräftemangel angefangen auch noch mit einigen Herausforderungen zu kämpfen, um das ganze Potenzial von Edge-Computing zu erschließen.

Für Städter ist das Landleben im exotisch oder idyllisch. Das endet aber oft, wenn ihnen Gülle um die Nase weht oder laut röhrend ein Traktor an ihnen vorbeizieht. Mittlerweile sind es, riesigen Schatten gleich, immer mehr elektrisch angetriebene Landmaschinen. Aber auch moderne Landmaschinen mit klassischem Dieselantrieb haben oft schon mehr Sensoren und Aktoren an Bord als manche Autos der Luxusklasse.

Auch das Vieh ist vielfach schon mit Sensoren ausgestattet und vernetzt, um Landwirten zum Beispiel die Brunft oder die Futteraufnahme von Weidekühen anzeigen. Das und mehr verbirgt sich hinter Farming 2.0 oder Smart Farming, das in Deutschland schon weit gediehen ist und keineswegs neu ist.

Weg von Silos hin zu einer kohärenten IIoT-Plattform

 

Laut einer aktuellen Studie von McKinsey ist der europäische Agrarsektor führend bei der Einführung von Smart Farming. Die dahinter stehenden IIoT-Infrastruktur stößt aber in puncto Qualifikation und Sicherheit immer noch auf manche Herausforderungen, wie it-daily-net berichtet.

So machen der Inflationsdruck sowie der Arbeitskräftemangel und der Klimawandel den Landwirten schwer zu schaffen, schmälern sie vielfach ihre Gewinne und untergraben sie eine zuverlässige Versorgung mit Nahrungsmitteln.

 

Um die Produktivität zu erhöhen, die Kosten zu senken und die Erträge zu verbessern, setzen viele von ihnen auf Analytik und Automatisierung, auf Drohnen etwa, die von der Luft aus Daten erfassen, wofür sonst im Agraralltag meist keine Zeit bleibt.

Das große Problem ist aber, dass ländliche Regionen oft kaum 5G und andere schnelle Breitbandverbindungen haben, was es auch schwer macht, die vielen Maschinen, Sensoren und anderen Geräte zu orchestrieren und zu steuern.

Wie it-daily.net schreibt, werden auf EU-Ebene aber derzeit Projekte (wie AgriDataValue und Divine) durchgeführt, um Best Practices für den IIoT-Datenaustausch in der Landwirtschaft zu etablieren. Die große Herausforderung ist dabei jedoch der Aufbau einer funktionierenden IIoT-Infrastruktur für eine zusammenhängende Plattform, statt wie bisher nur vereinzelt und mit isolierten beziehungsweise proprietären Technologien zu arbeiten.

 

 

Meist fehlt es nicht am Willen, sondern am Knowhow

 

Zwei Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe in Europa nutzen oder planen schon die Einführung von Fernerkundung, Automatisierung und Robotik oder IIot-gestützter Software in den nächsten zwei Jahren. Beflügelt wird die Entwicklung durch die größere Verfügbarkeit günstigerer Geräte und die Nutzbarkeit von Cloud-Diensten. Die Landwirte haben aber nicht nur mit praktischen Herausforderungen wie die Geräteanbindung und Konnektivität zu kämpfen, sondern auch mit einem unübersichtlichen Angebot verschiedener Hersteller, Technologien und Standards, welche die Interoperabilität und Verwaltung erschweren.

Hinzu kommen weitere Herausforderungen wie die über verschiedene Anbieter laufende Multi-Cloud und neue Cloud-Architekturen wie Microservices, welche die Landwirte oft dastehen lassen wie der „Ochs vorm Walde“, weil sie das Gefühl haben, dass IIoT ihnen ein Buch mit sieben Siegeln bleibt und ihnen die Kompetenz fehlt, das fruchtbringend zu nutzen. Das fehlende Knowhow ist laut einem Bericht des Inmarsat-Forschungsprogramms von 2021 auch die größte Hürde für den IIoT-Einsatz in der Landwirtschaft.

 

Und damit einher geht auch die zweitgrößte Sorge, die um die Sicherheit der IoT-Lösungen, die Gartner an die Spitze der IoT-Herausforderungen bis 2025 gesetzt hat. Die Analysten des US-Marktforschungsinstituts führen das auf einen Mangel an qualifiziertem Personal, sich ständig ändernde Bedrohungslagen und eine komplexe Anbieterlandschaft mit oft unausgereiften Standards zurück. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die traditionelle IT-Sicherheitsarchitektur mit einer vertrauenswürdigen IP-Adresse und einem Firewall-Perimeterschutz im landwirtschaftlichen IIoT-Einsatz versagt, weil es da gilt, Tausende von Geräten und Sensoren zu vernetzen und Milliarden von oft schnelllebigen Netzwerktransaktionen durchzuführen.

Und das bietet auch Angriffsfläche für Cyberkriminelle, die es immer öfter auf die Lebensmittelproduktion abgesehen haben, um in Form von Ransomware Daten als Geisel zu nehmen. Deshalb hat die EU Lebensmittelproduzenten angewiesen, im Rahmen der Richtlinie zum Cyberschutz-Risikomanagement NIS2) die neuen Vorschriften einzuhalten, um ihre Cyber-Resilienz zu stärken.

 

Operationalisierung ist das Zauberwort

Durch Operationalisierung der IIoT sollen Lebensmittelproduzenten und Landwirtschaftsbetriebe in der Lage sein, Qualifikationslücken zu schließen und Cyberkriminelle auszuschließen. Als Basis dafür gilt der Einsatz einer auf Code basierten Infrastruktur. Gemeint ist eine Infrastructure-as-a-Code (IaC), die auf cloud-nativen Technologien wie Containern aufbaut und über einheitliche Befehle verwaltet werden kann, um damit die nötige Konsistenz und Wiederholbarkeit für die Operationalisierung zu schaffen.

Den Schlüssel dazu sieht it-daily.net darin, alle manuellen Prozesse und Verfahren in Code und maschinenlesbare Workflows umzuwandeln, um zum Beispiel einen Batch-Datenverarbeitungsauftrag für detaillierte Ernteanalysen ausführen zu können. Durch Automatisierung lässt sich das im großen Maßstab umsetzen, um auch ohne menschliches Eingreifen Standardrichtlinien befolgen zu können – und das mit hoher Sicherheit. Denn IaC unterstützt das Zero-Trust-Modell, das angesichts der schieren Größe von IIoT-Netzwerken immer mehr Fuß fasst in der Landwirtschaft. Denn indem zunächst keinem Nutzer und keinem Zugangsgerät vertraut wird, ist der Zugriff nur autorisierten Personen erlaubt und haben Angreifer kaum mehr eine Chance, sich über gestohlene oder veraltete Anmeldedaten Zutritt zu verschaffen. Operationalisiert heißt auch, dass die Sicherheitsdaten wie Benutzername und Passwörter zentral zusammengeführt sind. Für Landwirte oder IT-Sicherheitsverantwortliche entfällt damit der Verwaltungsaufwand, sich selbst darum zu kümmern.

 

Schließlich ist das operationelle Modell auch der entscheidende Schritt, um die vielen Silo-Lösungen aufzubrechen und zu einem einheitlichen Smart Farming zu kommen. Edge Computing und IIoT bleiben aber der Schlüssel dazu.