11.01.2024

Ist das Kaufhaussterben das Aus oder eine Chance für Innenstädte?

Der Zusammenbruch des Imperiums von Benko hat mit Galeria Karstadt Kaufhof auch die größte Kaufhauskette in die Insolvenz gerissen. Manche Sahnestückchen bleiben wohl erhalten, viele andere müssen schließen, womit auch die Bürgersteige in den Innenstädten hochklappen, oder?

 

Über Galeria Karstadt Kaufhof wehte 2013 so wie über andere Warenhausketten zuvor schon der Pleitegeier, bis erst Hudson’s Bay und dann 5 Jahre später der Unternehmer und Investor René Benko praktisch als Retter in der Not daherkam. 10 Jahre im November 2023 hat der Österreicher, dessen Vermögen Forbes 2021 auf 5,6 Milliarden Dollar taxiert hatte, mit seiner Signa Holding eine der größten Insolvenzen der jüngsten Geschichte in Mitteleuropa hingelegt.

 

Und wie sich vorher schon ankündigte, musste am 10. Januar 2024 auch Galeria Karstadt Kaufhof Insolvenz an melden. Der Insolvenzverwalter hat zwar gleich gesagt, dass es schon Interessenten gebe, aber wie sich ebenfalls schon vor Jahren ankündigte, werden sich wahrscheinlich nur Filetstücke wie das KaDeWe in Berlin halten können, aber die meisten anderen Filialen für immer schließen müssen, wenn sie keinen Käufer finden.

Mischnutzung ist das Zauberwort

 

Für die Zentren mittelgroßer und kleinerer Städte vor allem kommt das vielfach einer Katastrophe gleich, weil die Kaufhäuser wichtige als Publikum-Magneten sind und diese so auszusterben drohen. Sonst wird es wie im Titelbild düster in den Stadtzentren.

 

Manche der ehemaligen Konsumtempel sind nur noch traurige riesige Bauruinen aus Beton und Glas, die vielleicht nur noch als Magneten für zwielichtige Gestalten taugen, besonders in den Abendstunden und nachts. Viele brave Bürger:innen machen deshalb lieber einen Bogen um die Relikte aus besseren Zeiten.

 

Aber es melden sich auch immer mehr Expert:innen zu Worte, die in dem lange anhaltenden Kaufhaussterben auch eine Chance für die Innenstädte sehen und Vorschläge machen, wie die Kaufhäuser und somit auch die Innenstädte neu belebt werden können.

 

Eine davon ist Brigitt Wachs, ihres Zeichens Geschäftsführerin der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung und Beraterin für Stadtentwicklung. Von ARD befragt, ob bei 41 voraussichtlichen Schließungen für sie Trauer oder Hoffnung überwiege, sagte sie im Morgenmagazin von ARD und ZDF Ende 2023:

 

„Also, ich sehe ja die Chance für die Innenstädte. Und das ist auch gar kein neues Phänomen. Das wird so dargestellt, als wäre das was ganz Neues. Wir reden seit mehr als 20 Jahren von dieser Warenhauskrise. Wir hatten in den 90er Jahren noch fast 400 Warenhäuser in Deutschland. Und 20 Jahre später, 2010, gab es davon nur noch knapp die Hälfte. Daher ist das kein neues Phänomen. Während wir früher die Häuser sehr stark nur mit Handel belegt haben, wird das jetzt nicht mehr so funktionieren. Was wir gerade auch im Einspieler gehört haben, es geht um Mischnutzung. Und es geht darum, die Häuser gewissermaßen auch aufzubrechen. Sie werden nicht mehr komplett als Handelsnutzfläche bestehen bleiben.“

Dafür brauch es auch neue Spielregeln

 

In dem von ihr genannten Einspieler sind Bilder und Stimmen aus Krefeld zu vernehmen. Mustafa Bardakci will dort zum Beispiel auf vier Etagen ein neues Möbelhaus eröffnen. Er spricht auch von Kaufhaus – und Innenstadtsterben, sieht aber auch eine veränderte Kaufkultur und sagt: „Mit den Produkten, die wir hier anbieten werden, werden wir vielleicht eine neue Alternative schaffen für die Innenstädte Deutschlands.“

 

Der Sporthändler Christoph Borgmann von InterSport schaut mit gemischten Gefühlen auf die Zukunft ohne den großen Nachbarn Kaufhof, glaubt aber daran, dass der Trend in Richtung Mischnutzung gehen wird. „Etwas kleinflächigerer Einzelhandel und verbunden mit – ich sag jetzt einfach mal – was von öffentlichem Interesse ist oder Gastronomie, oder auch Wohnen, wahrscheinlich, in Kombination von allem etwas. Und ich glaub, das wird dann auch gut werden.“

 

Die Stadtentwicklungsexpertin Wachs sieht das ähnlich und schlägt untern anderem vor, dass die leerstehenden Warenhäuser Platz für Kitas, Restaurants und Volkshochschulen etwa freimachen könnten. Ein von BR24 zitierter Kollege und Professor denkt aber, dass dafür auch die Regeln für die Flächennutzung geändert werden und die Vermieter der großen Immobilien von ihren hohen Mieten heruntergehen müssten. Letzteres ist auch im Sinne der bestehenden Kaufhäuser selbst.

 

So sprach der Galeria-Chef Olivier van den Bossche am Dienstag, den 10. Januar bei der Pressekonferenz in Essen die Hoffnung aus: „Wir haben viele, viele Filialen, die wirtschaftlich sehr gut laufen – und wir wissen auch, wenn wir vernünftige Mieten haben, hat das Warenhaus in Deutschland eine sehr gute Zukunft.“