Grüne Digitalisierung: Die Zukunft des Rechenzentrums
Streaming, Home-Office, E-Commerce – der digitale Markt hat sich von den Auswirkungen der Coronakrise kaum beeindrucken lassen. Das schlägt sich auch in den Zahlen für den Strombedarf deutscher Rechenzentren nieder, der nach Erhebungen des Borderstep Instituts im Jahr 2020 um sieben Prozent zugelegt hat. Der wachsende Bedarf nach Datenverarbeitung durch die Serverzentren wird so zunehmend auch zu einer klimapolitischen Kernfrage. Welches Potential gibt es für eine grüne Digitalisierung?
2010 – 2020: Effizienzsprung in nur einer Dekade
Der stetig steigende Energiebedarf der Rechenanlagen verschleiert, dass der Sektor in den letzten Jahren enorme Effizienzgewinne erreicht hat. Der branchenweite Maßstab, der sogenannte PUE-Wert zeigt an, wie groß der Anteil der eingesetzten Energie ist, der tatsächlich in die Steigerung der Rechenleistung fließt. Stück für Stück hat man sich dem Idealwert 1,0 – also einer vollständigen Umsetzung von Energie in Rechenleistung ohne Nebenverbrauch und Übertragungsverluste – angenähert. Lag der durchschnittliche PUE-Wert zu Beginn des letzten Jahrzehnts noch bei 1,98, sind nunmehr Werte von 1,63 der neue Branchenstandard. Dass ein weiteres Effizienzplus möglich ist, zeigen nur sehr wenige international ausgerichtete Unternehmen – zum Beispiel ein 2019 aus einer Fusion hervorgegangener Rechenzentrumsbetreiber aus Frankfurt. Northern Data gibt an, PUE-Werte von 1,1 und darunter zu erreichen. Welche Strategien stecken hinter der stetig verbesserten Effizienz?
Ein Ziel, viele Ansätze: Wie das Rechenzentrum grüner werden soll
Das eine Erfolgsrezept scheint es nicht zu geben – vielmehr wird eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen verfolgt. Vielfach im Fokus steht dabei die Kühlung der Rechenzentren, die immer noch einen großen Anteil des Energiebedarfs ausmacht. Nordeuropa sowie Nordamerika inklusive Kanada zeigen dabei besondere Standortvorzüge: Hohe Verfügbarkeit erneuerbarer Energie, vor allem aus Wasserkraft, sowie kühle Klimate, die die passive Kühlung der Prozessoren begünstigen. So verwundert es nicht, dass Betreiber – wie Northern Data noch zu Beginn dieses Jahres in Schweden – ihr Netz an Standorten in diesen Regionen ständig erweitern. Dabei kommen dem Unternehmen eigene Hardware- sowie Softwarekonzepte zugute, um die Rechenzentren immer effizienter zu betreiben.
Steuerung durch Künstliche Intelligenz, Umwelt-Symbiose durch Abwärme-Lösungen
Doch auch unabhängig vom Standort sollen neue Innovationen die Klimabilanz des Rechenzentrums in Zukunft noch weiter verbessern. Mit Künstlicher Intelligenz ausgestattete Management-Software verteilt den Daten-Workload, der sich seit 2010 allein in Deutschland verachtfacht hat, so auf die Anlagen, dass eine optimale und die Hardware schonende Auslastung entsteht. Besonders interessant dürften indes für die geplante Großrechenzentren in Berlin und Frankfurt Lösungen sein, die statt Luft- auf Wasserkühlung setzen. Dabei entsteht bis zu 60 Grad warmes Wasser, das gerade in der Nähe von Ballungsgebieten vielfach Abnehmer für die Heizung von Büro- und Wohnflächen findet. Es scheint, dass auch die kommende Dekade große Fortschritte hin zum emissionsfreien Rechenzentrum erzielt werden können. Die UN-Beauftragte für Nachhaltigkeit und IT-Expertin Susanna Kass sieht „die Rechenzentren (…) auf einem sehr guten Weg.“
Quelle Titelbild: pixabay / geralt