Geothermie und Wärmenetze als Schlüssel urbaner Nachhaltigkeit
Der Geothermiekongresss (DGK) gilt als wichtigste Veranstaltung der Branche. Er findet dieses Jahr vom 22. bis 24. Oktober statt, Partnerland ist Frankreich. Das Fraunhofer IEG will dort seine Vision einer nachhaltigen regionalen Wärmeversorgung vorstellen.
Geothermie, der direkte Bezug oder die Aufbereitung und Umwandlung der Wärme aus der Erde, ist ein Schlüssel der Energiewende sowie einer nachhaltigen urbanen und regionalen Wärmeversorgung. So sieht es auch das Fraunhofer IEG, das am 22. Oktober 2024 auf dem Geothermiekongress in Potsdam eigene Projekte und Anwendungen vorstellen und zum Nachmachen anregen will. Die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG mit Sitz in Bochum zeigt dort, „wie sich Häuser, Quartiere und Industrie mit nachhaltiger Wärme aus regionaler Wertschöpfung versorgen lassen“ und konzentriert sich besonders auf urbane Wärmenetze.
„Kommunen, wärmeintensive Unternehmen und Investoren stehen in den Startlöchern, um ihre Projekte und Zukunft nachhaltig aufzustellen“, beschreibt der Institutsleiter und Professor an der Ruhruniversität Bochum Ralf Bracke die Stimmung in der Branche. Weiter sagt er: „Egal ob für Bestand oder Neubau, ob für Prozesswärme oder Nahwärmenetz. Wir freuen uns, auf dem Geothermiekongress mit Akteuren und Macher:innen diesen Impuls aufzunehmen, Ideen auszutauschen und die Energiesysteme der Zukunft zu entwickeln.“
Große Potenziale in Deutschland
Wie er sagt, stehen die Zeichen für Wärme aus dem Boden in Deutschland gut: Drei von vier Bestandgebäuden könnten dem Professor für Maschinenbau mit Lehrstuhl für Geothermische Energiesysteme zufolge so beheizt oder klimatisiert werden. Ein Viertel der kommunalen Wärmenetze und des industriellen Prozesswärmebedarfs ließen sich auf tiefe Geothermie umstellen.
Bei der Wärmeenergie aus dem Erdboden unterscheidet man im Wesentlichen zwischen tiefer und bodennaher Geothermie. Letztere bezeichnet die Nutzung aus der Erdwärme in Tiefen bis etwa 400 Meter, die theoretisch für jedes Grundstück geeignet ist.
Der dafür erforderliche Erdwärmeübertrager (EWT) oder Wärmetauscher muss aber für jedes Gebäude jeweils passend dimensioniert werden. Danach bemessen sich auch die Gesamtkosten einer solchen Anlage.

Die sind im Kleinen gar nicht so hoch. EWTs gibt es schon für etwa 3.000 Euro. Damit allein ist es aber nicht getan. Und wenn die Anlage nach 10 oder 15 Jahren defekt ist, kann es so teuer werden, dass sich viele Hausbesitzer:innen oder Eigentümergemeinschaften nach Alternativen umsehen. Hinzu kommen die monatlichen Stromkosten für den Betrieb der Anlage. Die sind über die Jahre so stark gestiegen, dass es besser ist, Geothermie gleich mit einer Photovoltaikanlage zu koppeln. Ob sich der nachträgliche Umbau für die Early Birds, die früh auf Erdwärme gesetzt haben, noch rechnet, hängt vom Alter ab und davon, ob es Erben gibt, die später einmal dort wohnen wollen.
Das Titelbild zeigt das geothermische Heizkraftwerk Sauerlach bei München, das neben Heizwärme auch Strom für rund 16.000 Haushalte produziert.
Aus der Tiefe lässt sich noch mehr herausholen
Bei der tiefen Geometrie, die sich für Städte und urbane Versorgungsunternehmen etwa in Form von Fernwärme lohnt, wird die Erdwärme oder das heiße Fluid mit bis zu 200 Grad Celsius aus Tiefen von jenseits 400 Meter, oft sogar 3.000 bis 6.000 Metern, zutage gefördert. In Deutschland und anderen nichtvulkanischen Gebieten sind es aus Niederenthalpie-Lagerstätten zwischen 80 und etwas mehr als 100 Grad Celsius. Das mehr oder weniger heiße Fluid kann je nachdem der Wärmeversorgung und Bereitstellung von Industriedampf oder auch der Stromerzeugung dienen.
Großprojekte in Deutschland konzentrieren sich auf hydrothermale Geothermie, bei der Heißwasservorkommen in der Regel über zwei Bohrungen oder „Doubletten“ erschlossen werden. Das eine Bohrloch fördert das heiße Wasser über Pumpen aus den Tiefen der Gesteinsschichten nach oben, wo es dann über Wärmetauscher für die Wärme- oder Stromnutzung bereitgestellt wird. Über das andere Bohrloch wird mit Blick auf eine nachhaltige Nutzung kaltes Wasser mit hohem Druck injiziert und dem geothermischen Reservoir wieder zugeführt.
Es gibt auch andere Geothermie-Quellen, Tunnel oder Bergbauanlagen zum Beispiel. Wer jemals im Hochsommer ohne Klimaanlage durch den fast 17 Kilometer langen Gotthardtunnel gefahren ist, kann sich eine Vorstellung davon machen, wieviel Wärmeenergie dort abfällt. Und tatsächlich ist in dem Tunnel, wie auch im 64 Kilometer langen Brenner-Basistunnel vorgesehen, schon eine Geothermie-Anlage im Betrieb. Am Brenner ist 2021 ein Pilotprojekt gestartet, mit dem Ziel, mit dem Drainagewasser künftig Gebäude in Innsbruck zu heizen und zu kühlen. Das Wasser hat eine Temperatur von 15 Grad Celsius, aber wie der Projektkoordinator Thomas Geisler von der TU Graz laut scinexx.de erklärte, wollte man auch die die Möglichkeit testen, die Temperatur gegebenenfalls auf ein höheres Niveau zu bringen.
Quelle Titelbild: Stadtwerke München