Liegt die Zukunft der E-Autos in Feststoffbatterien?
Für höhere Reichweiten und kürzere Ladezeiten bei gleichzeitig weniger Brandgefahr ruht die Hoffnung der Automobilindustrie auf Lithium-Ionen-Akkus mit festen statt wie bisher flüssigen Elektrolyten. Es gibt bereits erste Fortschritte, aber bis sie serienreif werden und sich durchsetzen, werden wahrscheinlich noch Jahre vergehen.
Zu teuer, zu kurzatmig, zu reparaturanfällig, zu leise, zu brandgefährlich und in der Ökobilanz samt Abbau der giftigen Rohstoffe gar nicht so grün. Das sind die viel genannten Ängste, Einwände und Vorurteile gegen E-Autos, auch wenn dahinter wohl oft steckt, dass man sich nur ungerne von seinem geliebten Verbrenner trennen möchte, der so schön brummt und den Duft der freien Motorwelt verströmt. E-Autos sind aber viel sauberer und mittel- bis langfristig auch wesentlich klima- und umweltfreundlicher, besonders wenn weniger giftige Stoffe zum Einsatz kommen.
Tatsache ist, dass E-Autos mit herkömmlicher Batterietechnik mehr als die Verbrenner vielleicht gar nicht halten, was die Hersteller an Reichweiten versprechen. Und sind die Akkus ständig an der Ladesäule mit höchsten Ladekapazitäten, können sie salopp gesagt sehr schnell „auslutschen“ und noch weniger Reichweiten als im Normalverkehr bieten. Das ist wohl auch einer der Gründe, warum sich bisher kein nennenswerter Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos entwickeln konnte.
Feststoffzellen könnten auch DIY-Wechsel sicherer machen
Hoffnung kommt in Form mehrerer neuer Batterietechniken oder Ansätze daher. Bei den Batterien ist derzeit die Feststoffbatterie der Favorit. Bei den Konzepten war es mal der gemeinsame Plan der großen deutschen Automobilindustrie in Wechsel-Akkus zu investieren, wie es der chinesische Hersteller Nio getan hat mit dem Versprechen, in fünf Minuten zu 500 km oder mehr neuer Reichweite zu kommen. Der Deutschlandplan scheiterte wie so oft untern anderem daran, dass jeder Hersteller bedacht war, an seiner Wertschöpfung festzuhalten statt in ein Gemeinschaftsprojekt zu investieren. Ein Akku-Tausch im Do-it-yourself an der Tankstelle dürfte mit herkömmlichen Akkus am Thema Sicherheit scheitern, aber Feststoffbatterien sind nicht oder weit weniger brennbar.
Das führt zum eigentlichen Thema Feststoffbatterien. Diese weisen eine höhere Energiedichte auf, versprechen ultraschnelle Ladezeiten, Reichweiten von 30 Prozent gegenüber aktuellen Li-Ion-Akkus und wären laut Nissan auch günstiger, obwohl ein Beweis dafür noch aussteht, wie der ADAC schreibt. Vor allem sollen Feststoffbatterien mit einem festen statt flüssigen Elektrolyt wie gesagt auch nicht brennen, was bei einer Kollision ein wichtiger Sicherheitsvorteil wäre. Hinzu kommt , dass ein festes Elektrolyt auch den Einsatz andere Anoden- und Kathodenmaterialien möglich macht, weg von schwer abbaubarem Nickel oder Kobalt etwa, obwohl der Abbau von Lithium als Ersatz für Graphit bei der Anode auch ein vielfach sehr schmutziges Geschäft ist, bei dem oft zu Billigstlöhnen Kinderarbeit im Spiel ist.
Etliche Kooperationen lassen auf Durchbruch hoffen
Nissan will 2024 schon mit einer Pilotproduktion starten, VW 2025. Frank Blohme, Batteriechef bei Volkswagen, spricht laut ADAC sogar von einem „Endspiel“ in der Akku-Technik, das jeder Automobilhersteller gewinnen wolle. Mercedes hat nach einer Kooperation mit der taiwanesischen Firma ProLogium angekündigt, in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre Feststoffbatterien in ausgewählten Fahrzeugen verbauen zu wollen. Volkswagen hat sich die Mehrheitsanteile an dem US-Unternehmen QuantumScape gesichert, der als einer der Feststoff-Pioniere gilt. Ford und BMW kooperieren mit dem ebenfalls US-amerikanischen Feststoffbatterie-Hersteller Solid Power, der zunächst nur für Qualifizierungstests 2024 bereits die ersten Zellen an Automobilhersteller liefern will. Die Serienproduktion ist für 2026 geplant. Dabei wolle man mit einer Silizium-Anode auf eine Energiedichte von 390 Wattstunden pro Kilogramm kommen. Mit einer Lithium-Metall-Anode könnten es sogar 440 Wh pro Kilogramm sein.
Der Langstrecken-Akku, den Nio 2023 mit seiner Flaggschiff-Limousine ET7 vorgestellt hat und Reichweiten von über 1.000 km verheißt, hat als 150-kWh-Batterie eine Energiedichte von 360 Wattstunden pro Kilogramm. Die neuesten Rundzellen von Tesla der 4680-Reihe sollen auch schon eine Energiedichte von 300 Wh pro kg haben. Auch BMW setzt in seiner neuen E-Auto-Plattform auf Rundzellen, die mit zwei verschiedenen Größen ab 2025 auf den Markt kommen sollen. Die Batterien basieren aber noch auf Flüssig-Elektrolyt-Technik, was der ADAC als Indiz dafür sieht, dass es bis zur Serienreife von Feststoffbatterien noch etwas dauern könnte.
Günstige Alternativen für das Einstiegssegment
Derweil tut sich auch schon etwas bei Natrium-Ionen-Akkus, die besonders günstig sein sollen. So hat die chinesische Firma Yiwei mit Volkswagen Anhui als Mehrheitsanteilseigner Ende 2023 schon das erste Serienauto mit der Batterietechnik vom Band laufen lassen. Nachteil der Technik ist allerdings eine noch vergleichsweise geringe Energiedichte von 120 bis 180 Wh pro kg. Für den innerstädtischen Verkehr könnten die damit verbundenen Reichweiten zusammen mit den günstigeren Preisen für Kleinwagen mit Natrium-Ionen-Akkus ausreichen und sehr attraktiv sein. Ansonsten rechnet der ADAC – auch abhängig von Materialknappheit und Preisschwankungen mit einer Akku-Vielfalt. Neben den heute oft verbauten NMC-Li-Ion-Akkus mit Nickel-, Mangan- und Kupferanteilen (NMC) gibt es bereits relativ günstige Eisenphosphat-Batterien, zu denen sich dann im Niedrigpreissektor noch Natrium-Ionen-Akkus hinzugesellen könnten.
Fazit: Auch wenn der Feststoff-Akku in der Serienproduktion vielleicht noch etwas auf sich warten lässt, ist er zusammen mit günstigen Alternativen wie den Natrium-Akkus Hoffnungsträger genug, um etwas Bewegung in den Markt für E-Autos zu bringen, den der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer mit dem Aus für die staatlichen Prämien schon als begraben sah. Tatsache ist, dass die Subventionierung wie bisher hauptsächlich den Besserverdienern zugutekam, die sich den Umstieg auf ein E-Auto überhaupt leisten konnten. Und wie seit Jahresanfang zu beobachten, ist bereits eine Preisschlacht entfacht, die mit Rabatten von teilweise über 10.000 Euro E-Autos viel attraktiver machen, aber auch zeigt, dass noch etwas geht bei den Preisen – auch ohne staatliche Unterstützung.
Quelle Titelbild: Adobe Stock / Soonthorn