18.09.2023

Wohnungskauf: Energieeffizienz heißt nicht unbedingt teurer

Immer höhere Auflagen führen mit dazu, dass Wohneigentum in den Städten immer teurer wird und damit auch die Mieten steigen, weil potenzielle Käufer ebenfalls auf den Mietmarkt drängen. Aber Energieeffizienz muss nicht immer teurer sein, wie der neue Postbank Wohnatlas zeigt.

Gebäude und Wohnungsbau sind für fast 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Der Immobiliensektor trägt somit zum Großteil Mitschuld an dem menschengemachten Klimawandel und den daraus resultierenden Extremwetter- und Umweltkatastrophen, die an Frequenz und Wucht immer mehr zunehmen. Hinzu kommt, dass konventionelle Brennstoffe wie Öl, Kohle und Gas endlich sind und daher in Zukunft auch ohne der steigenden Steuerbelastung immer teurer werden. Daher besteht entgegen zum Teil heftiger Kritik an dem Heizungsgesetz und anderen Auflagen dennoch ein breiter Konsens, dass sich etwas tun muss in Sachen Energieeffizienz von Gebäuden.

Doch das macht Bauen natürlich oft teurer und trägt neben der allgemein gestiegenen Kosten in Folge des Ukrainekrieges und Lieferengpässen bei den Ressourcen mit dazu bei, dass viele Menschen in Deutschland ihren Traum vom Eigenheim begraben mussten, weil zu befürchten ist, dass sie die steigenden Zinsen nicht mehr bedienen können. Und so hat auch der Bauboom der letzten Jahre ein jähes Ende gefunden. Gleichzeitig sind in den Großstädten wie München zwar die Immobilienpreise gesunken, die Mieten aber gestiegen, weil viele der Kaufwilligen, die abspringen mussten, das immer knappere Angebot von bezahlbaren Mietwohnungen zusätzlich belasten.

Neue Mindeststandards für Energieklassen geplant

Was übermäßig stark steigt, ist aber auch die sogenannte „zweite Miete“, die sich zum Großteil aus immer höheren Energiekosten zusammensetzt. Und daher sind neue Vorgaben aus Berlin oder Brüssel gar nicht so abwegig und mittelfristig sogar begrüßenswert, energieeffizient zu bauen oder zu sanieren.

In dem gerade veröffentlichten neuen Postbank Wohnatlas für 2023 steht, dass die EU gerade an neuen Gesetzen arbeitet, die Mindeststandards für die Energieeffizienz von Gebäuden vorsieht. Dabei zeichne sich ab, dass Gebäude bis 2033 mindestens Energieklasse D ausweisen müssen und Immobilien der Effizienzklassen E, F, G und H entsprechend saniert werden müssten, was Kaufinteressent:innen berücksichtigen sollten.

Der aktuelle Wohnatlas zitiert prominent aus einer Studie des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), das dafür Immobilienangebote in den 400 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland untersucht hat und einen Überblick über die Preisabstufungen von Wohneigentum in den verschiedenen Energieeffizienzklassen untersucht hat. Demnach haben 2022 nur ein Drittel aller zum Verkauf angebotenen Eigentumswohnungen den für 2033 vorgesehenen Standards entsprochen.

Energieeffizienz kann vereinzelt beim Kauf auch günstiger sein

Nach den EU-Plänen für 2033 würden dem Postbank Wohnatlas zufolge sogar drei von vier angebotenen Wohnungen der Sanierungspflicht unterworfen. Allerdings ist energieeffizienter Wohnraum meist mit einem kräftigen Aufpreis verbunden. Das ist aber nicht überall so. Jenseits der teuren „Big 7“ (München, Frankfurt/M., Hamburg, Berlin, Köln, Düsseldorf und Stuttgart) gibt es auch Regionen oder Städte, wo Energieeffizienz sogar günstiger ist, die kreisfreie Stadt Rostock zum Beispiel. Da kostet Wohneigentum der Effizienzklasse D oder schlechter 792,13 Euro pro Quadratmeter mehr als energieeffiziente Wohnungen.

In Heidelberg müssen Käufer:innen für nicht energieeffizientes Wohneigentum einen Aufpreis von 327 Euro pro Quadratmeter zahlen. In Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) ist Energieeffizienz nur 23 Euro teurer, im Landkreis Havelland (Brandenburg) sind es 27 Euro, in der Stadt Leipzig 43 Euro und im Landkreis Nordsachsen 44 Euro. Den höchsten Aufpreis zahlt man dagegen im bayerischen Landkreis Miesbach mit 2.349 Euro, dicht gefolgt von Schleswig-Flensburg mit rund 2.000 Euro mehr pro Quadratmeter. In 157 Regionen beträgt der Preisaufschlag für energetisch effiziente Wohnungen jedoch 500 Euro, in 109 sogar weniger als 400 Euro, viele davon in Baden-Württemberg, NRW, Sachsen und im südöstlichen Niedersachsen sowie in Nordbrandenburg.

Hier zum Vergleich die Preisdifferenz in den Big 7 (1):

Stadt Durchschnittspreis ohne Sanierungspflicht in Euro Durchschnittspreis mit Sanierungspflicht in Euro Differenz in Euro(2) Anteil Angebote ohne Sanierungspflicht
Frankfurt am Main 7.633 6.124 1.510 35,3%
Hamburg 7.517 6.125 1.392 34,2%
München 10.375 8.991 1.385 37,1%
Berlin 6.424 5.351 1.073 36,3%
Köln 5.413 4.643 771 33,3%
Düsseldorf 5.750 5.039 710 30,8%
Stuttgart 5.769 5.124 645 27,9%

(1) sortiert nach Preisdifferenz zwischen ETW mit und ohne Sanierungsverpflichtung bis 2033

(2) mögliche Abweichungen durch Rundungsdifferenzen

Quellen: VALUE AG Marktdatenbank (2023); Berechnungen und Darstellung HWWI

Rechnen sich günstigere Energieeffizienzklassen überhaupt?

Am größten ist die Preisdifferenz demnach in Frankfurt am Main, gefolgt von Hamburg und München. Wenn man aber 100 qm für eine vierköpfige Wohnung nimmt, müsste man in der ohnehin teuren Isarmetropole München für Energieeffizienz 138.500 Euro mehr bezahlen, wo sich dann für manche Kaufinteressent:innen die Frage stellt. Denn dadurch steigt natürlich auch die monatliche Belastung für das Abtragen des Immobiliendarlehens. Und wenn man folgende Aufstellung der Verbraucherzentrale von NRW für die Energiekosten von Häusern bei verschiedenen Energieklassen dagegen stellt, scheint der Unterschied zwischen Energieklasse E und D kaum zu lohnen:

 

Energieeffizienzklasse Endenergiebedarf oder Endenergieverbrauch Energiekosten pro m² Wohnfläche
A+ unter 30 kWh/(m²a) etwa 3 Euro
A 30 bis unter 50 kWh/(m²a) 8 Euro
B 50 bis unter 75 kWh/(m²a) 13 Euro
C 75 bis unter 100 kWh/(m²a) 18 Euro
D 100 bis unter 130 kWh/(m²a) 24 Euro
E 130 bis unter 160 kWh/(m²a) 30 Euro
F 160 bis unter 200 kWh/(m²a) 37 Euro
G 200 bis unter 250 kWh/(m²a) 47 Euro
H über 250 kWh/(m²a) 60 Euro und mehr

Quelle: Dein Heizungsbauer.de und Verbraucherzentrale NRW

 

Wenn man jedoch die Energieeffizienzklassen H und C gegenüberstellt, ist es schon ein Unterschied, ob man bei 100 qm 6,000 oder 1,800 Euro an Energiekosten bezahlen muss. Aber nach der Tabelle oben würde sich das erst nach 32 Jahren amortisieren. Dabei leben die meisten Deutschen nur etwa 15 Jahre in den eigenen vier Wänden. Ist das alles am Ende doch nur Geldschneiderei? Nein, denn die Energiekosten werden je nach Effizienzklasse weiter auseinander divergieren. Hinzu kommt, dass energetische Neubauten zumindest auch einen besseren Schutz vor Hitze bieten. Und die wird des Sommers in den Großstädten ein immer größeres Problem. Schließlich trägt jeder, der sich dafür entscheidet, energieeffizient zu bauen oder kaufen, auch zum Umweltschutz und dazu bei, den Klimawandel ein Stückweit aufzuhalten.

In München muss man sich bei Preisen von knapp 9.900 Euro unsaniert und über 10.300 Euro saniert darüber kaum noch Gedanken machen. Denn wer kann das noch bezahlen? Und daher wäre es wichtig und wünschenswert, wie in Wien etwa, viel Bestandsbau wieder in staatliches beziehungsweise städtisches Eigentum umzuwandeln. In der österreichischen Hauptstadt mit ihren knapp zwei Millionen Menschen, eigentlich gebaut für fünf Millionen, lebt knapp die Hälfte davon vergleichsweise günstig in kommunalen und gemeinnützigen Wohnungen, und das teilweise sogar recht prächtig. So berichtete der Spiegel Mitte 2022 von einer 80-Jährigen, die in einem wunderschönen denkmalgeschützten Mehrfamilienhaus im 5. Bezirk der Donaustadt nur 442 Euro Miete für 55,5 qm bezahlt. Selbst im einst so günstigen Berlin muss man heute für Bestandbau etwa das Doppelte rechnen – mindestens.