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09.04.2024

Der digitale Reifegrad deutscher Finanzinstitute stagniert

Dem internationalen Trend folgend, haben auch deutsche Privatbanken und Vermögensverwalter die Chancen der Hyperautomatisierung erkannt. Statt aber die ganzen Potentiale auszuschöpfen, setzen sie dabei noch zu einseitig auf Chatbots, kritisiert Roger Portney, Chief Strategy Officer bei dem Fintech-Unternehmen Objectway. Er gibt mit praxisnahen Beispielen Tipps, wie deutsche Finanzinstitute den digitalen Reifegrad erreichen, die Hürden der Hyperautomatisierung zu überwinden, um über die ganze Wertschöpfungskette skalierbare Lösungen anbieten zu können.

Während der globale Markt für Vermögensverwaltung weiter rasant wächst, hinken deutsche Finanzinstitute immer mehr hinterher. Dies lässt sich auf die nur zögerlich voranschreitende Digitalisierung zurückführen: Laut der Deloitte-Studie zur Digital Banking Maturity aus dem Jahr 2022 stagniert der digitale Reifegrad deutscher Banken und lässt viele Potentiale ungenutzt.

 

Besonders die Hyperautomation ist hier eine Chance, die Effizienz durch Technologien wie KI, maschinelles Lernen (ML), robotergestützte Prozessautomatisierung (RPA) oder natürlicher Sprachverarbeitung (NLP) zu optimieren.

 

Viele deutsche Vermögensverwalter haben zwar bereits die Vorteile dieser fortgeschritteneren Form der Automatisierung für die Kundenberatung erkannt und nutzen beispielsweise Chatbots zur effizienten Bearbeitung von Kundenanfragen oder mobile App-Funktionen. „Eine digitale Omni-Channel-Kommunikation allein wird allerdings künftig nicht mehr ausreichen, um die geringen Wachstumserwartungen deutscher Banken zu verbessern“, warnt Roger Portnoy, Chief Strategy Officer bei Objectway, dem globalen Fintech-Anbieter für Banken, Vermögensverwalter und Asset Manager.

 

Vielmehr müsse sich der Umfang der digitalen Transformation weiterentwickeln, um langfristig Profitabilität und Kundenzufriedenheit maximieren zu können. Bei der Einführung von Hyperautomation macht der Experte auf drei zentrale Fehler von Finanzinstituten aufmerksam, die eine nachhaltige und skalierbare Integration neuer Automatisierungstechnologien in den Betrieb verhindern.

 

„Nur eine langfristig ausgerichtete Strategie wird es Unternehmen ermöglichen, von den zahlreichen Vorteilen der Hyperautomation zu profitieren und nicht nur ihre Kundenberatung, sondern auch ihr Back-Office und die teamübergreifende Zusammenarbeit auf das nächste Level zu heben“, so Portnoy.

 

Bei der Hyperautomation wachstumsfördernd die gesamte Wertschöpfung im Blick haben

Privatbanken und Vermögensverwalter, die ihr Wachstumspotential langfristig ausschöpfen wollen, sind auf Hyperautomation angewiesen. Die Technologie bietet das Potential, sowohl Profitabilität als auch Kundenzufriedenheit zu maximieren, indem auch komplexe und miteinander verbundene Arbeitsabläufe durchgängig automatisiert und kontinuierlich verbessert werden. „Dazu benötigen Finanzinstitute jedoch eine ganzheitliche Strategie, die auf die gesamte Wertschöpfungskette, von der Herstellung über den Vertrieb bis hin zur laufenden Verwaltung, ausgerichtet ist“, betont Portnoy.

 

Ihm zufolge räumen viele Banken bei ihren Digitalisierungsbemühungen jedoch beinahe ausschließlich der Kundenbindung Priorität ein. „Das liegt daran, dass eine optimierte Kundenbindung über digitale Kanäle unmittelbare Vorteile wie höhere Kundenzufriedenheit, stärkere Kundenbindung und potenziell gesteigerte Erträge mit sich führt. Diese sind kurzfristig leichter messbar als die Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette“, erklärt der Chefstratege von Objectway.

 

Eine starke digitale Präsenz spiele auch als Wettbewerbsvorteil in dem hart umkämpfen Bankensektor eine zentrale Rolle. Der einseitige Fokus auf das Kundenengagement ist für Portney nur, wie an der „Spitze des Eisbergs“ zu kratzen. Banken, die ihre Produktkonfiguration zu einem komplexeren und bedarfsorientierten Fulfillment-Design weiterentwickeln möchten, müssen ihm zufolge Anwendungsfälle mit realem ROI-Potenzial aus allen Geschäftsbereichen identifizieren. Erst auf dieser Grundlage können Automatisierungstechnologien entwickelt werden, die skalierbar sind und Prozesse von innen nach außen optimieren.

 

Eine skalierbare Grundlage schaffen: Hyperautomation schrittweise einführen

Ein gängiges Beispiel aus dem Kundenservice illustriert, wie weit viele Vermögensverwalter beim Einsatz von Automatisierungstechnologien kommen – und was ihre weitere Entwicklung ausbremst. Hier werden schon längst branchenübergreifend Chatbots eingesetzt, um Kundenanfragen zu beantworten. Diese Lösung ist zwar rund um die Uhr zugänglich und kann in einer Multiplattform-Konfiguration implementiert werden, bietet aber keinen Spielraum, um komplexere Anfragen zu bearbeiten.

 

Schon die kleinste Abweichung führt zu einem starken Anstieg der Kundenservicekosten. „Hier kommt die Hyperautomation ins Spiel, die das Potential birgt, kundenorientierte Funktionen auf ein neues Level zu heben“, betont Portnoy. Konkret geht der Trend zum Einsatz von KI und ML, um relevante und kontextuelle Daten erfassen zu können. Anschließend werden semantische Modelle entwickelt, um den Datensätzen einen Kontext zu verleihen. Die aggregierten Daten werden dann spezifischen Regeln unterzogen, die für eine intelligente Weiterverarbeitung notwendig sind. Einige Regeln sind für die schnelle Beantwortung einfacher Anfragen ausgelegt, während andere für komplexere Anfragen angepasst werden können.

 

Der Vorteil dieser schrittweisen Einführung von Hyperautomation ist, dass dieser Ansatz der Bank eine einzige Plattform liefert, die auf mehreren Regeln basiert und durch dieselben Bausteine und grundlegenden Technologien einfache, gebündelte, hybride und komplexe Lösungswege unterstützt. Ihre Komponenten können einfach durch weitere Regeln und Priorisierungsfunktionen erweitert werden.

 

Der humane Faktor: Die  digitale Transformation mit dem richtigen Team beginnen

„Der Weg zur Hyperautomation als Lösungskonzept für die Umgestaltung von Geschäftsprozessen von Banken ist nicht mehr weit“, weiß Portnoy. Viele Finanzinstitute entwickeln dazu jedoch oftmals in einem ersten Schritt ein Lösungsdesign – und begehen damit ihren ersten Fehler. „Die Reise muss stattdessen mit der Schaffung einer organisatorischen Leitungsebene beginnen. Diese muss als funktionsübergreifende Einheit mit der Aufgabe betraut werden, die verschiedenen Repräsentanten der Wertschöpfungskette zu identifizieren, um Anwendungsfälle mit echtem ROI-Potential zu erkennen“, erläutert der Experte. Dabei sollten zunächst diejenigen Geschäftsprozesse ausfindig gemacht werden, die bereits einen Automatisierungslebenszyklus durchlaufen haben.

 

Viele dieser Prozesse sind in größeren Wertschöpfungsketten angesiedelt und bieten ein fruchtbares Terrain für die Suche nach Metriken, die den Nettonutzen des Übergangs von einem manuellen zu einem automatisierten Ansatz quantifizieren. Wichtig ist, dass die Team-Mitglieder der Einheit eine Kombination aus fachlichen, unternehmensspezifischen und analytischen Kenntnissen mitbringen: Sie müssen Automatisierungstechnologien umfassend verstehen, Prozessoptimierungskompetenzen mitbringen und starke datenanalytische Fähigkeiten besitzen.

 

Banken, die von Beginn an in eine langfristig ausgelegte Digitalisierungsstrategie investieren, werden sich damit von ihrer Konkurrenz abheben können. Nur diejenigen Finanzinstitute, die ihre gesamte Wertschöpfungskette durch skalierbare Technologien ergänzen, werden in Zukunft flexibel auf wandelnde Kundenanforderungen reagieren können.