Mehr als jeder Zweite kann sich eine Zweitmeinung von „Dr. KI“ vorstellen
Früher hat man dem Arzt oder der Ärztin noch blind vertraut, heute wünschen immer mehr Patient:innen eine Zweitmeinung. Und das gerne auch von Dr. KI, dem viele laut einer Bitkom-Umfrage zum Teil sogar bessere Diagnosen zutrauen.
Viele Patient:innen und ihre Angehörigen vertrauen einmal ausgestellten Diagnosen oder vorgeschlagene Behandlungsmethoden nicht mehr und wünschen sich eine Zweitmeinung. Das ist ihr gutes Recht, und in der Regel wird das auch von Krankenkassen bezahlt.
Diese könnten laut einer von Bitkom in Auftrag gegebenen Umfrage sogar Geld sparen, wenn immer mehr Menschen die zweite Diagnose einer künstlichen Intelligenz anvertrauen. Sechs Prozent der 1.440 befragten Personen haben dies schon mindestens einmal getan. Sie nutzten zum Beispiel die bereits verfügbaren Symptomchecker-Apps oder Sprachmodelle wie ChatGPT, um zu fragen, ob die vorher erhaltene Diagnose und die betreffenden Symptome übereinstimmen. Weitere 51 Prozent, also 57 Prozent der Befragten insgesamt, können sich vorstellen, KI um eine Zweitmeinung zu bitten.
Kann KI sogar besser diagnostizieren?
71 Prozent der Befragten finden, dass Ärztinnen und Ärzte, wann immer möglich, KI-Unterstützung erhalten sollten. 47 Prozent, also fast die Hälfte der Umfrage-Teilnehmenden, trauen einer KI in bestimmten Fällen sogar bessere Diagnosen zu als der menschliche Ärzteschaft.
„Algorithmen können riesige Mengen medizinischer Daten analysieren, Muster erkennen und dadurch frühzeitig Krankheiten diagnostizieren, die für Menschen teilweise schwer erkennbar sind, insbesondere bei seltenen Erkrankungen, bei denen Erfahrung und Routine fehlen“, erklärt Bitkom-Vizepräsidentin Christina Raab und fügt hinzu: „Künstliche Intelligenz wird Ärztinnen und Ärzten künftig noch viel stärker als bisher dabei helfen, Diagnosen zu stellen und Therapien auszuwählen. Gleichzeitig können sie Patientinnen und Patienten helfen, ihre Gesundheit zu schützen und mit Erkrankungen vernünftig umzugehen.“
Überwältigende Mehrheit sieht große Vorteile durch KI in der Medizin
Wie es in der Bitkom-Pressemeldung heißt, teilt die überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland diese Einschätzung. 85 Prozent, also mehr als vier Fünftel, sehen in KI eine riesige Chance für die Medizin, mehr als zwei Drittel (69 Prozent) sprechen sich dafür aus, den KI-Einsatz in der Medizin besonders zu fördern. 40 Prozent wären sogar damit einverstanden, ihre Gesundheitsdaten KI zu Trainingszwecken zur Verfügung zu stellen. Allerdings bereitet der Einsatz von KI in der Medizin mehr als einem Drittel (35 Prozent) der Befragten auch Angst. 79 Prozent der Deutschen sprechen sich dafür aus, den KI-Einsatz in der Medizin streng zu reglementieren.
Dagegen stehen die Vorteile, wie Bitkom-Vize Raab sie sieht: „Besonders in der Radiologie und Pathologie hat künstliche Intelligenz große Fortschritte erzielt und kann (sie) zum Beispiel Röntgen- und CT-Bilder zuverlässig auswerten.“ Ihrer Meinung nach gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, wichtig sei daher ein „chancenorientierter Regulierungsrahmen und die Berücksichtigung von KI in der medizinischen und pflegerischen Ausbildung“.
Fazit und Meinung: Bei bestimmten Diagnosen, bei denen es auf ein sehr genaues Augenmerk ankommt, ist KI den Menschen sogar teilweise überlegen. Dass ein Großteil der Bevölkerung ihr mehr zutraut und sich sogar vorstellen kann, ihre eigenen Gesundheitsdaten zu Trainingszwecken KI anzuvertrauen, ist dennoch erstaunlich angesichts der vielen Bedenkenträger in Deutschland. Aber wie andere Umfragen zeigen, sind die Deutschen und besonders die Jüngeren der unter 35-Jährigen vielfach weiter, denn sie sehen eher die Chancen als die Gefahren durch neue Technologien. Ziel muss es sein, beides in einen gesunden Einklang zu bringen.
Quelle Titelbild: iStock / sesame