06.12.2023

Dell CTO: GenAI wird nach Training 2024 endlich produktiv

Dells Technologiechef John Roese zufolge werden viele Unternehmen 2024 erst beginnen, generative KI produktiv zu nutzen. Statt zentrales Training werden dann an der Edge des Datenaufkommens Inferenz- oder „Ableitungs“-Infrastrukturen in den Fokus rücken.

 

Alle reden heute von generativer künstlicher Intelligenz oder kurz GenAI. Aber was noch viel zu wenig geschah bisher, ist, damit auch die nötige Transformation einzuleiten und sie wirklich produktiv zu nutzen, so Dell CTO John Roese in seinen pointierten Prognosen für das kommende Jahr.

 

Bisher habe man sich vorwiegend darauf konzentriert, ChatGPT oder andere Modelle zu trainieren und entsprechende eher zentral gelagerte Infrastrukturen aufzubauen. Aber wie Roese und Dell erwarten, wird sich der Fokus darauf verlagern, eher dezentral und in der Edge oder Peripherie des Datenaufkommens befindliche Inferenzinfrastrukturen zu schaffen.

 

Inferenz bedeutet so viel wie, durch Deduktion, Induktion und Abduktion, logische Schlussfolgerungen oder Analogieschlüsse zu ziehen, ist aber im Bereich KI als Inferenzmaschine oder Weiterführung von Expertenmaschinen auch eine Komponente, die logische Regeln auf die vorhandene Wissensbasis anwendet, um daraus neue Informationen abzuleiten.

 

Roese zufolge ist es sinnvoll, die diese Inferenz-Infrastruktur in die Edge zu verlagern, um sie dort aufzustellen, wo die Daten entstehen. Ein multinationaler US-Konzern sei schlecht beraten, alle Chatbot-Interaktionen in der Firmenzentrale zusammenlaufen zu lassen, was abgesehen davon auch Compliance-Probleme mit sich bringen könne. Es wird beim Thema Inferenz also darauf hinauslaufen, verteilte Infrastrukturen aufzubauen, so der Technologiechef.

 

Zero Trust Security wird noch wichtiger

 

Außerdem wird es Roese zufolge auch darum gehen, das Thema Sicherheit im Zusammenhang mit GenAI viel mehr in den Blick zu nehmen, damit nicht, wie schon geschehen, andere Unternehmen oder Cyberkriminelle versuchen könnten, per Reverse Engineering an die eigenen Trainingsmodelle und kostbaren Daten heranzukommen.

 

„Die Entwicklung der Sicherheitsarchitektur rund um die Inferenzinfrastruktur wird nächstes Jahr eine ganz entscheidende Aufgabe sein“, so Roese.

 

Zero Trust Security wird dabei noch einmal mehr an Bedeutung gewinnen, wie er sagt. Denn dieser Ansatz stellt sicher, dass alle Geräte, Personen, Anwendungen und Daten nur nach ausdrücklicher Authentifizierung Freigaben erhalten, alle anderen verboten sind.

John Roese, CTO von Dell Technologies
John Roese, CTO von Dell Technologies. Bildquelle: Dell Technologies

Roese geht ferner davon aus, dass sich die weitgehend wiederhergestellten Lieferketten bei Halbleiterprodukten 2024 auch Ökosystem rund um GenAI zugutekommen wird, wenn – jenseits der von Börsenkomet Nvidia – eine größere Auswahl von leistungsstarken Grafikprozessoren verfügbar sein wird. Gleichzeitig werde auch die Verfügbarkeit von geschlossenen wie auch von Open-Source-Modellen und Tools zunehmen, was Unternehmen bei der Implementierung generativer KI sehr entgegenkommen wird, wie Roese meint.

 

Generative KI-Systeme funktionieren ihm zufolge besonders gut, wenn sie nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit Vorhersagen zu treffen oder die richtigen Antworten zu finden. Herkömmliche Computer seien für komplexere probabilistische Aufgaben aber viel zu ineffizient und weniger gut geeignet.

 

Und da werden dann Quantencomputer ins Spiel kommen und zusammen mit GenAI ein in sich verflochtenes KI- und Quanten-Ökosystem  bilden, um bessere Vorhersagen treffen zu können, so Roese, CTO bei Dell Technologies in seinen „Visions: 2024 and Beyond.“

 

Fazit und Meinung: Alle großen Unternehmen, die etwas auf sich halten in der IT-Welt, warten zum Jahresende mit Trendprognosen auf. Das ist auch gut so, weil sie vielfach Anhaltspunkte bieten, wie die Branche tickt und wohin sie sich entwickeln wird. Die meisten dieser Predictions sind natürlich auch interessensgetrieben. Ob das auch bei Dell CTO Roese der Fall war, mag jeder für sich entscheiden, aber die zu generativer KI sind doch eher allgemeiner Art und wie immer so formuliert, dass man kein Informatik- oder Technikstudium braucht, um sie zu verstehen.

 

Nur der Begriff Inferenz ist weniger griffig. Wenn nicht schon durch eine Versicherungsgesellschaft besetzt, könnte man ihn vielleicht auch mit „Ergo“ übersetzen. Cogito, ergo sum, ich denke also bin ich, wusste schon Descartes. Aber bis Maschinen wirklich denken oder besser reflektieren lernen, wird wohl noch einige Zeit vergehen.

 

 

Quelle Titelbild: iStock / Zapp2Photo